Der Fall E. P. Jacobs

[felix da cat]

Am Wochenende erstanden und gleich gelesen.

Den deutschen Titel finde ich etwas gewöhnungsbedürftig, da ich nicht weiß, was Jacobs - sei es in dieser Biografie oder aus anderen Schilderungen seines Lebens - zu einem "Fall" macht. Im Falle eines "Falles" darf man wohl eher eine Krankheits- oder Kriminalgeschichte erwarten.

Im Prinzip ist die Biografie gelungen, doch kommt mit Jacobs' Zeit als Comicschaffender etwas zu kurz. So hätte ich zum Beispiel gern etwas über seine Zusammenarbeit mit seinen Assistenten gelesen (Fred & Liliane Funcken hätten wahrscheinlich sogar persönlich befragt werden können, Fred verstarb 2013, Liliane lebt noch). Nun ja, man kann nicht alles haben.

Die Biografie endet traurig. Hoffentlich war's nicht so.

P.S.: Die Fußnote am Anfang des Albums (wir befinden uns am Anfang der 1920er Jahre) ist nicht korrekt. Flash Gordon hieß in Frankreich zwar Gordon l'Intrépide (und Guy l'Éclair) erschien aber nicht in L'Intrépide. L'Intrépide ist ein Heft, in dem illustrierte Jugendromane (keine Comics) erschienen. Gordon hatte 1934 Weltpremiere und wurde zwei Jahre später erstmals im frankophonen Raum (in Robinson) veröffentlicht.

[frank1960]

Fall kann aber auch für 'Angelegenheit' oder 'Begebenheit' stehen.

[beatleswerner]

Ich befürchte allerdings das mit den letzten Seiten sehr gut das Gefühl von vielen älteren Menschen getroffen wurde.Und ich glaube schon das Menschen sich irgendwann einsam fühlen wenn ihre Freunde um sie herum wegsterben. Comicfans die Fragen nach der Arbeit (nichts anderes ist die Produktion von Comics) stellen dürften eher als Belastung empfunden werden. Oder hättest du großes Interesse dich mit 75 über deine Arbeit als Krankenpfleger, Bäcker, Polizist etc. auszutauschen?

Ich fand es eine sehr eindringliche Biografie, realistisch und nachvollziehbar!

[felix da cat]

frank1960: Ich will da eigentlich nicht besserwisserisch sein, aber einen Menschen (Jacobs) zur Angelegenheit oder Begebenheit runterzustufen, macht aus ihm einen Sachverhalt. Das bietet sich bei einem medizinischen oder Rechts-/Kriminalfall an, weil mit dem Wort "Fall" Distanz (und somit auch ein gewisses Maß an Objektivität) ausgedrückt wird und auch, dass Sachverhalte und Befunde in den Mittelpunkt gerückt werden sollen.
Für eine Biografie halte ich den Begriff für nicht glücklich gewählt. Wer von uns möchte schon zum "Fall" werden? Irgendwie ließe das doch nichts Gutes erahnen.

[felix da cat]

beatleswerner: Ich halte das Ende - leider - auch für realistisch. Deswegen kann man nur hoffen, dass Jacobs am Ende seines Lebens noch ein paar gute Erlebnisse hatte.

[kann_lesen_87]

Oder hättest du großes Interesse dich mit 75 über deine Arbeit als Krankenpfleger, Bäcker, Polizist etc. auszutauschen?

ganz ehrlich ... ich finde das sollte so sein (und hoffe das wird bei mir so sein), ansonsten wäre wohl ein berufswechsel klug (gewesen)

[Kaschi]

Ist der Band denn auch für einen "Nicht-Fan" von Blake und Mortimer lesenswert?

[frank1960]

Noch habe Ich ihn nicht, aber:

(...) für einen "Nicht-Fan" von Blake und Mortimer(...)

Dass es sowas auch gibt...

[Kaschi]

Begründung siehe hier:

http://www.comicforum.de/showthread....Blake-Mortimer

[frank1960]

Ach so...der Worte sind ja genug gewechselt, deshalb nur so viel: Der Krieg war endlich zu Ende, die Nazis zum Teufel gejagt, und so zelebrierten viele, auch Jacobs, eben den Sieg des Guten über das Böse. Davon sollte man sich den Spaß an B & M nicht nehmen lassen.

[Markus Lanz]

- "Kampf um die Welt" ist Schrott

- die Bio ist Schrott

- "Das Gelbe M", "S.O.S Meteore" und "Das Geheimnis von Atlantis" gehört mit zum besten was der FB Comic hervorgebracht hat (auch aus heutiger Sicht)

[felix da cat]

kaschi:
Ein Nicht-Jacobs-Fan/-Interessierter wird dem Album sicher nicht allzu viel abgewinnen. Vielleicht sind die letzten Seiten der Bio, die Jacobs' schleichende Vereinsamung im Alter schildern, auch für diese Gruppe von Interesse. Kein Thema, das besonders sexy ist, aber gut dargestellt.

Wie oben geschrieben, hätte ich mir ein bisschen mehr über Jacobs' Zeit als Comicschaffender erhofft. Schließlich ist er durch diese Profession und nicht als Opernsänger "unsterblich" geworden. Sicher, der Gesang war für ihn eine prägende Leidenschaft, aber deswegen die Panels der ersten Seiten der Biografie mit Tonleitern über Arien singenden Menschen regelrecht zuzupflastern, war sicher keine so prickelnde Idee. Und wenn er eine prägende Leidenschaft für Jacobs war, hätte sicher auch herausgearbeitet werden können, in welcher Weise für seine Comics prägend ... schließlich spricht man von denen nicht von ungefähr als "opéra de papier", Papieroper*.
Die B&M-Alben werden eher en passant erwähnt, das Wort "durchgewinkt" kommt mir dabei in den Sinn (wenn ich nichts überlesen habe, bleibt sein erster gelungener Comic, die Große Pyramide, ungenannt; zur Rezeption vom Gelben M gibt's jedoch einige interessante Panels).

Trotz aller Kritik, für den Jacobsianer ist die Lektüre dennoch interessant: Immer wieder tauchen Figuren auf, deren Namen sie kennen und deren Interaktionen mit Jacobs durchaus interessant sind. Gelungen ist die Darstellung aus der Gründerzeit des Tintin-Heftes. Auch die Auftritte und das dargestellte Verhalten von Hergé (in einem Fall wenig schmeichelhaft) sind wahrscheinlich sehr nah an der Realität.
Von alldem hätte ich nur gern ein bisschen mehr gelesen.

*= Beispiel: In der Bio ist ein Plakat zu einer Aufführung des Gounodschen Faust zu sehen; dass diese Figur den wenig facettenreichen, abgrundtief bösen Olrik beeinflusst hat, liegt nahe, oder auch der Jago aus Othello, den Jacobs selbst einmal mit Olrik in Zusammenhang brachte.

[Kaschi]

@felix da cat:
Vielen Dank für die Einschätzung! Da werde ich mich dann zurückhalten. Das atmosphärisch reizvolle Cover hatte mich schon etwas gelockt.

[Mr.Hyde]

Das Kind ist in den Brunnen gefallen....und so wie der Comic beginnt, so plätschert er dann auch 100 Seiten lang in einer belanglosen Aneinanderreihung von Anekdoten dahin. Rodolphe gelingt es leider nie einen roten Faden im sicher nicht langweiligen Leben von Jacobs zu finden, oder gar erzählerisch weiter zu spinnen.

Reinen Blake & Mortimer Fans sei daher eher Rodolphes Frühwerk DER MANN MIT DER KRALLE und MEISTER DER NACHT empfohlen, Anfang der 80er auf Deutsch erschienen, in denen er zeigt das er durchaus Jacobsche Atmosphäre einfangen und erzählerisch umsetzen kann.

Den Freunden von Biografien hingegen sei das zeitgleich bei Carlsen erschienene DAS IMPERIUM DES ATOMS ans Herz gelegt. Smolderen und Clerisse demonstrieren eindrucksvoll, wie eine Biografie als Comic aussehen kann, wenn man mit Witz, Phantasie und viel Liebe das Leben und das Werk eines Künstlers zu einer phantastischen Story verschmilzt.

[Sambir]

Das Kind ist in den Brunnen gefallen....und so wie der Comic beginnt, so plätschert er dann auch 100 Seiten lang in einer belanglosen Aneinanderreihung von Anekdoten dahin. Rodolphe gelingt es leider nie einen roten Faden im sicher nicht langweiligen Leben von Jacobs zu finden, oder gar erzählerisch weiter zu spinnen.

das sehe ich ganz genau so. ein todlangweiliges album ohne die geringste spannung. es wird ein ereignis ans andere geklatscht, ohne dass sich eins aus dem anderen entwickelt. dramaturgisch so leer, wie die zeichnungen. schade drum.

[Anselm Blocher]

Also, ich habe den Band vor einem Jahr im französischen Original gelesen und fand ihn in jeder Hinsicht sehr gelungen. Zeichnungen und Story/Text sind mMn gut aufeinander abgestimmt und erzeugen immer die richtige Atmosphäre, die Person Jacobs kam glaubhaft rüber. Natürlich: Das ist kein Ersatz für eine vielhundertseitige Biographie und hier wurde der Comic nicht neu erfunden (keine Juwelen der Sängerin, kein Gelbes M), aber mir hat's gefallen

[Comic_Republic]

Also habe ich nix verpasst. Vom Titel her hätte ich eher an eine Art Krimi o.ä. gedacht. Aber da ich seine Serie eh nich lese (leider schon zu viele Ausgaben), macht das nix...

C_R

[Markus Lanz]

Also habe ich nix verpasst. Vom Titel her hätte ich eher an eine Art Krimi o.ä. gedacht. Aber da ich seine Serie eh nich lese (leider schon zu viele Ausgaben), macht das nix...

C_R

Die Bio kannst Du Dir getrost sparen. Zu viele Ausgaben, ist Schmarrn. Band 1-9 und fertig. Die folgenden Ausgaben braucht man dann auch nicht mehr unbedingt zu lesen (obwohl noch ein paar gute kamen, aber die Bände von Jacobs sind das Herz der Serie). Außerdem ist sowieso jeder Band in sich abgeschlossen (man könnte auch nur die Highlights lesen, das wäre dann Band 3,4 und 7).

[Borusse]

Außerdem ist sowieso jeder Band in sich abgeschlossen (man könnte auch nur die Highlights lesen, das wäre dann Band 3,4 und 7).

1 und 2 sind eine Geschichte. Und ich glaube: Wenn dir ein Band gefällt, willst du die anderen auch lesen.

[Comic_Republic]

Die Bio kannst Du Dir getrost sparen. Zu viele Ausgaben, ist Schmarrn. Band 1-9 und fertig. Die folgenden Ausgaben braucht man dann auch nicht mehr unbedingt zu lesen (obwohl noch ein paar gute kamen, aber die Bände von Jacobs sind das Herz der Serie). Außerdem ist sowieso jeder Band in sich abgeschlossen (man könnte auch nur die Highlights lesen, das wäre dann Band 3,4 und 7).

Danke Markus Lanz! Wenn ich meine zwei Serien nun irgendwann mal abgeschlossen habe, oder noch finanziellen Platz frei habe, dann packe ich mir gerne mal den ersten Band mit ein! Soll ich mit Band 1 oder 0 anfangen?

C_R

[PhoneBone]

Bitte mit Band 1 (das Geheimnis der großen Pyramide). Übrigens sind auch einige Bände der Post-Jacobs Aera sehr gelungen und auch Jacobs hatte einige Rohrkrepierer (der Zeitreisequark & die 3 Formeln des Prof. Sato)

[Markus Lanz]

Bitte mit Band 1 (das Geheimnis der großen Pyramide). Übrigens sind auch einige Bände der Post-Jacobs Aera sehr gelungen und auch Jacobs hatte einige Rohrkrepierer (der Zeitreisequark & die 3 Formeln des Prof. Sato)

Jep, mit Band 1.

Von den Post-Jacobs Bänden am ehesten die van Hamme Bände, wobei Unheimliche Begegnung eher zu Luc Orient gepasst hätte.

[frank1960]

@ Comic_Republik

Verlass Dich nicht ausschließlich auf das Urteil von anderen, ist alles Geschmacksache. Wenn mich eine Serie interessiert, mach Ich mir ein eigenes Bild und fange, wenn möglich, von vorne an, also in diesem Fall mit 'Kampf um die Welt'. Die Bio hab Ich jetzt noch nicht gelesen, aber schreib sie nicht ab, es gibt ja auch Zustimmung hier im Thread.

[Comic_Republic]

@ Comic_Republik

Verlass Dich nicht ausschließlich auf das Urteil von anderen, ist alles Geschmacksache. Wenn mich eine Serie interessiert, mach Ich mir ein eigenes Bild und fange, wenn möglich, von vorne an, also in diesem Fall mit 'Kampf um die Welt'. Die Bio hab Ich jetzt noch nicht gelesen, aber schreib sie nicht ab, es gibt ja auch Zustimmung hier im Thread.

Ne, mach ich auch nicht, aber bevor ich eine neue Serie Anfange, informiere ich mich lieber erstmal ein wenig... Und ich habe lieber eine Serie komplett, wie nur die "guten" einer Serie. Ist einfach so, dass es Schwankungen gibt...

C_R

[Brisanzbremse]

Den deutschen Titel finde ich etwas gewöhnungsbedürftig

Wenn es nur beiläufig um seine Comics geht, ist vor allem der ebenfalls nicht wörtlich übersetzte deutsche Untertitel "ein Leben für die Comics" irreführend. Im Original steht da "une vie en bande dessinée", also nichts mit Aufopferung für die Neunte Kunst.