Comicbuchpreis der Berthold Leibinger Stiftung

[Mayaca]

Sie geben einem die absolute Freiheit. Wozu sich weiter Gedanken machen?

[ADrian]

Ist doch eigentlich relativ klar, dass sie eigentlich das wollen, was sonst meistens unter dem Label "Graphic Novel" (das natürlich auch eher schwammig ist) läuft: eher lang, "anspruchsvoll"/nicht zu low-brow, kein Manga. Im Vergleich zu anderen Preisen ist das doch eigentlich immer noch eine Menge Freiheit.

Unklarer finde ich fast die Formulierung "Fertigstellung absehbar"...

[Jähling]

Erstmal danke an Fumetto für die wunderbare Telefon-Lachnummer. Klingt ein bisschen so, als wollten da Leute auf der Graphic-Novel-Welle mitschwimmen, von der sie in der FAZ oder so gelesen haben. Und als würden wieder genau die Seiten unseres kleinen, vielseitigen Mediums gefördert, die es mit anderen Medien (in diesem Fall dem Buch) gemein hat, und nicht die, die es davon abheben.

Das unscharfe Attribut "Länge" hat jedenfalls noch nie eine Gattung bestimmt, schon gar nicht im Bereich Comic (die über hundertseitigen, sogenannten Graphic Novels von Bastien Vivès habe ich schneller durchgelesen als einen Blueberry-Band).

Vor allem: Das Attribut "Länge" hat noch nie ein Medium besser gemacht. Ich jedenfalls halte es für ein Qualitätsmerkmal, wenn ein Autor auf den Punkt kommen kann. Denkt nur an die wunderbare Sechs-Wort-Geschichte von Hemingway! Eine seiner besten! Und gerade der Comic bietet wunderbare Möglichkeiten, einen Inhalt zu komprimieren.

Plus: Je länger der Comic ist, desto weniger Geld ist das pro Seite.

Aber stimmt, in der eigentlichen Ausschreibung steht, glaub' ich, tatsächlich nichts von der Länge. Und da steht auch "Comic" und nicht "Graphic Novel". Allein das verdient ja schon mal ein Lob.

Unklarer finde ich fast die Formulierung "Fertigstellung absehbar"...

Halt nicht so Projekte, wie man sie manchmal im Forum vorgestellt kiregt à la "ich habe da eine tolle Idee für ein 600-Seiten-Epos, nur weiß ich noch nicht, wie ich das aufbaue und zeichnen muss ich auch erst noch lernen, habe aber schon ganz viele tolle Ideen". Zumindest so weit scheinen die sich schon auszukennen, oder sie meinen etwas völlig anderes.


Mal sehen - wenn ich zum Abgabezeitpunkt zufällig was habe, das irgendwie in den Zusammenhang passt, kann's ja nicht schaden, da was hinzuschicken. Muss ich nur vorher entscheiden, ob ich meine eigene Definition von "literarisch" anwende oder deren. Bei letzterer würde allerdings am Ende, wie ich mich kenne, eher eine Parodie rauskommen. Aber natürlich "anspruchsvoll lustig".

[Hate]

Hier ein Problem:
http://www.leibinger-stiftung.de/de/...buchpreis.html

Die Bewerbungsarbeit soll noch nicht publiziert sein.

Nehmen wir mal Tobi Dahmen als Beispiel. Der arbeitet seit Jahren an einem riesigen Comicbuch, ist also der ideale Kandidat für so einen Preis.

Aber er hat jede fertiggestellte Seite auf seiner Homepage gezeigt.

Es wäre ungerecht, wenn er deswegen jetzt von der Teilnahme ausgeschlossen würde.

[Jenny]

Das ist aber ein bekanntes Problem, das man in Kauf nimmt oder eben auch nicht. Sobald ich vorhabe, etwas wirklich verlagsmäßig - nicht als Webcomic oder Selbstverlag - herauszubringen, muss ich damit rechnen, dass das Bedingung ist. Und entweder pfeif ich drauf und verbau mir wissentlich Türen, oder ich halte mir alle Möglichkeiten offen und halt das komplette Ding erstmal aus der Öffentlichkeit raus...

[Fumetto]

Man kann auf einer Homepage publizierte Comicseiten ja auch einfach wieder löschen ...
Außerdem steht da "Die Bewerbungsarbeit soll noch nicht publiziert sein". Das ist nicht dasselbe wie "Die Bewerbungsarbeit darf noch nicht publiziert sein". Man muss die Leute immer beim Wort nehmen.

Ansonsten schließe ich mich Myaca an: Was sich weiter Gedanken machen? Wer etwas Verwertbares hat - einreichen und gewinnen! Wäre doch toll, wenn der Gewinner nicht wieder ein bereits bestallter Autor wäre (wie beim letztjährigen Ehapa-Stipendium), sondern jemand hier aus dem Comicforum!

[Jenny]

Man kann auf einer Homepage publizierte Comicseiten ja auch einfach wieder löschen ...

Die Homepage ist nicht das Problem, aber versuch mal, dein Zeug von russischen Pornoseiten wieder runterzukriegen! Da kriegste Spaß, sach ich dir.

[Fumetto]

Ich glaube nicht, dass die Jury dieses Preises auf russischen Pornoseiten unterwegs ist.

[navigator]

Jeder neue Comicpreis ist ein guter Preis. Motiviert sicher einige Zeichner bessere Comics zu zeichnen und sich mehr Gedanken über ihre Arbeit zu machen.

Jeder hat eine Chance (wenigstens gibt es hier keine Altersbegrenzung ) Warum beschwert man sich also?

@Adrian
"Fertigstellung absehbar"
Ich denke, wenn du mit der Hälfte des Comics ankommst und einen seriösen Eindruck machst, dann ist die Fertigstellung absehbar. Wenn du mit der Hälfte des Comics auftauchst und einen total vollgedröhnten Eindruck macht, dann ist die Fertigstellung nicht absehbar. Wenn nur 3 Seiten eines 200 Comics abgeben werden und das Konzept dazu nicht mal ein Ende hat, dann ist es nicht absehbar. Und so weiter... es gibt viele Beispiele. Ist wie bei einer normalen Bewerbung.

[schnuddel]

Jeder neue Comicpreis ist ein guter Preis. Motiviert sicher einige Zeichner bessere Comics zu zeichnen und sich mehr Gedanken über ihre Arbeit zu machen.

Hm, der Satz ist etwas unglücklich getroffen und steht irgendwie nackt da...
Nehmen wir mal die Filmwelt als Beispiel:
Wenn man mal betrachtet, wie viel Müll z.B. Hollywood jährlich mit dem Titel "Blockbuster" produziert, kann man eigentlich davon ausgehen, dass Geld wohl keine Rolle für die Kreativitätsfindung dient. Qualität muss nicht unbedingt abhängig von der Kohle sein. Und welcher Film, bzw hier Comic schlussendlich einen Preis erhält, ist meist recht objektiv. Mancher Film, den ich echt für Schrott halte, hat die meisten Preise erhalten.

[schnuddel]

Ich glaube nicht, dass die Jury dieses Preises auf russischen Pornoseiten unterwegs ist.

Sicher? Ich würd' nicht mal für unseren Dorfpfarrer die Hand ins Feuer legen

[peter schaaff]

Leute, reicht eure Arbeiten ein!
Eine Garantie, der Erste zu werden, gibt es nie - und hier winken EUR 15 000,-! Natürlich darf es auch ein "literarischer" Manga sein oder Hannibals Hauereien im Altertum oder ...
Es gibt eine richtige Jury mit Leuten, die nicht ganz unbeleckt sind und es schon schaffen werden, den Preis halbwegs nachvollziehbar - auch für uns Bedenkenträger hier im Forum - zu vergeben.
Leute, reicht eure Arbeiten ein!

Die Welt ist gut.

[Gena]

Die erste Preisträgerin steht fest:
http://www.boersenblatt.net/814431/

[Fumetto]

Das Thema des prämierten Comics ist wohl bestens geeignet, die Gebildeten unter den Verächtern des Comics zu erreichen. Insofern eine kluge Entscheidung der Jury. Die junge deutsche Comic-Avantgarde, die die politisch korrekten Themen ein wenig über hat, dürfte allerdings enttäuscht sein. Aber gibt es diese Avantgarde überhaupt?

[Maidith]

Ich habe die politisch korrekten und "deutschen" Themen ziemlich über, sowas interessiert mich kaum. Aber enttäuscht bin ich keinesfalls - die Entscheidung der Jury ist eine gute Auswahl und ich begrüße sowieso jede Initiative, die hierzulande Comics fördert.

[Manaking]

Ich finde politisch korrekt und deutsch erstmal grundsätzlich nicht falsch. Mit meiner Wikingerstory gehöre ich ja mindestestesn in eine der beiden Kategorien...^^

Aber hier fühlt es sich so an als ob es wirklich nur darum geht mit dem Thema aufmerksam zu machen. Irge dwie erinnert es mich an die afrikanischen Hänsel und Gretel...

aber mich interessiert was die Stiftung bezwecken will?

Dem deutschen Comic tun die jeden Falls keinen großen Dienst wenn die nur nach wer hat das politisch korrekteste Thema vorgehen...

[Fumetto]

Na ja, die Dame hat immerhin aus Arthur Schnitzlers Skandalstück "Reigen" ein feuilletonistisch verwertbares Lehrstück der Interkulturalität gemacht - etwas, was ich ihr bis heute nicht wirklich verziehen habe. Aber ach, warum soll sie deshalb diesen Preis nicht bekommen?
Auf die Folgewettbewerbe bin ich für mein Teil jedenfalls weit gespannter.

[Hate]

Es ist von Vorteil, wenn die geplante Graphic Novel nicht nur ein bedeutsames Thema, sondern gleich zwei davon hat:
1. "Arme Schwarze kommen ins kalte Europa und müssen für den weißen Mann arbeiten"
2. "So seltsam war die DDR damals"

[Manaking]

Ich kritisiere ja auch nucht die Dame die den Preis gewinnt. Ich glaub sogar, dass sie wirklich was gutes hinbekommen kann.

Mich stören nur viele Preisvergaben und Stiftungen die Comics fördern wollen aber nur nach literarischen Maßstäben vorgehen (zumindest so lesen sie sich idR). Comics sind ein eigenes Medium die auch eigene Maßstäbe brauchen. Filmpreise werden auch nach Maßstab für Filme beurteilt. Comics sind keine Bücher, wenns denen nur um literarisch wertvoll geht, warum machen sie dann kein Gedichteband oder einen Roman? Oder ein Essay?
Ein Comic soll nicht literarisch sein. Comics müssen vielleicht erstmal emanzipiert werden von dieser Erwartungshaltung...

[Fumetto]

Wir bräuchten einen Thomas Bernhard des Comic. Schaut euch seine "Monologe auf Mallorca" auf Youtube an, der Typ verkörpert den antikonformistischen Künstler schlechthin, ein subventionierter Wahnsinniger, der bis heute als "literarisch wertvoll" gilt. Da gibt es keine faulen Kompromisse mit der sogenannten Kulturindustrie und ihren endlosen Bücklingen vor dem sogenannten Zeitgeist.

[Geier]

Hab mir gerade mal angesehen was die Frau bisher so aufs Papier gestrichelt hat - zusammen mit der Story werden da so ziemlich alle meine GN-Vorurteile bestätigt. Definitiv ein Buch das den Weg in meine Regale nicht finden wird!

Ach ja, im Tagesspiegel http://www.tagesspiegel.de/kultur/co.../10673628.html sieht man mehr und auch die anderen Finalisten sind verlinkt - immerhin ist auch Schwarwel darunter...

[Manaking]

Darf ich fragen was die typischen Graphic Novel Vorurteile sind?

[Geier]

@mana, ich habe ganz bewußt "meine Vorurteile" geschrieben, weil es vermutlich andere Leute gibt die es nicht so sehen, und ich habe nicht die Absicht diese Diskussion wieder aufzuwärmen. Abgesehen davon, wer meine Sachen kennt kann sich wohl denken was ich meine

[Manaking]

Ach das hab ich nur aus Neugier gefragt. Ich glaub bei dem meisten würd ich dir sogar zustimmen. Kannst es mir ja per PN schreiben wenn du Lust hast^^

Diskussion wollte ich nicht losbrechen^^

[tigermuse]

Beim deutschen Graphic Novel sind es ja nun wirklich keine Vorurteile, sondern diese kalkulierten Problemthemen. Wie Schulaufsätze! Ob Daniel Clowes mit "Ghost World" eine chance gehabt hätte, wenn es das nicht bereits gäbe ist fraglich.
Ich denke, dass man, wenn man, am nächsten Wettbewerb teilnehmen will, trotz der in diesem Thread so engagiert ertelofonierten "Offenheit" gut daran täte, genau so etwas problemliterarisches verfassen sollte. Am besten, wie Hate schon schrieb mindestens zwei Probleme.