Ich würde das als Bearbeitung (Adaption) eines Werkes sehen. Im Prinzip schaffst du damit ein neues Werk.
Hello, Gemeinde!
Über ein Idee, die Olivia Vieweg bei Facebook geäußert hat, bin ich auf den Gedanken gekommen, dass ein Sammelband von Märchen in Comic-Form ganz schön wäre, in dem die Geschichten aus dem bekannten Setting herausgerissen werden und woanders hin verortet werden. Bei Olivia war's "Hänsel und Gretel in Afrika", weitere Möglichkeiten wären "Steampunk-Rumpelstilzchen" oder auch "Die Bremer Stadtmusikanten im 22ten Jahrhundert". Jedes Märchen würde von einem anderen Comicmacher oder Zeichner-/Autoren-Paar umgesetzt, am Ende käme vielleicht ein schöner Band mit einer etwas anderen Sicht auf die Märchen heraus.
Nu ist natürlich, bevor man sich ganze Arbeit macht, die Frage: darf man die Geschichten denn einfach nochmal neu erzählen?
Erste quicke Recherchen ergaben: die ursprünglichen Texte beispielsweise der Herren Grimm sind freies Gut, die neuer bearbeiteten Texte (die ja auch hier und da ordentlich entschärft wurden) liegen wohl rechtmäßig bei den veröffentlichenden Verlagen.
Ist es denn aber noch eine urheberrechtliche Frage, wenn man den Verlauf einer Geschichte, beispielsweise bei "Der Wolf und die sieben Geißlein", zwar beibehält, aber eben in einem eigens ausgedachten Setting spielen lässt? Der Wolf könnte hierbei auch ein wahnsinniger Kidnapper sein, die sieben Geißlein müssten nicht zwingend gefressen werden…
Hilfe, bitte!
Ich würde das als Bearbeitung (Adaption) eines Werkes sehen. Im Prinzip schaffst du damit ein neues Werk.
Kultur und Musik - http://www.bacio-di-tosca.de/
http://www.frag-einen-anwalt.de/Urheberrecht-bei-Grimms-Maerchen---f29180.html
Es ist prinzipiell schon ein neues Werk und damit legitim, wenn du den Text nur umformulierst, er inhaltlich aber gleich bleibt - wichtig ist, dass das neue Werk eine eigene Schöpfungshöhe hat, die es von einer Kopie unterscheidet. Wenn du also einen Prosatext in ein Gedicht umwandelst, ist die Schöpfungshöhe relativ sicher hoch genug, wenn du nur ein paar Wörter änderst, wahrscheinlich eher nicht. Die Umsetzung als Comic und somit als völlig eigenständiges Werk dürfte immer unproblematisch sein, sofern man nicht den Text, der aktuell von einem Verlag verwendet wird, 1:1 kopiert.Ist es denn aber noch eine urheberrechtliche Frage, wenn man den Verlauf einer Geschichte, beispielsweise bei "Der Wolf und die sieben Geißlein", zwar beibehält, aber eben in einem eigens ausgedachten Setting spielen lässt? Der Wolf könnte hierbei auch ein wahnsinniger Kidnapper sein, die sieben Geißlein müssten nicht zwingend gefressen werden…
Ich bin mir relativ sicher, dass das bei Märchen so gilt, aber wo wir gerade bei dem Thema sind: Weiß eigentlich jemand, wie das nach deutschem Recht bei Geschichten aussieht, die insgesamt weniger Volksgut und mehr einem bestimmten Urheber zuzuordnen sind? Wäre es rechtlich problematisch, eine Comicinterpretation beispielsweise vom Herrn der Ringe zu veröffentlichen oder ist das nach deutschem Recht genug eigenes Werk um jedem Urheberrechtsschutz an der Geschichte zu entgehen?
Um alles 100% wasserdicht zu haben sollte man im Zweifel doch einen Rechtsexperten zu Rate ziehn.
@Elif: ich glaube hier solltest Du nicht nur deutsches Recht sondern auch englisches Recht beachten.
Die Idee, Grimms Märchen zu verfremden, ist nicht so neu, die wurde schon oft praktiziert, so dass ich nicht glaube, dass es da Probleme gibt. Und Grimm haben sich ja auch bei einem Franzosen bedient. Die Grimm-Brüder sind schon über siebzig Jahre tot, dass es da ebenfalls keine Probleme geben dürfte.
Na ja, aus dem Herr der Ringe kann man noch kein Comic machen, Tolkien ist noch keine 70 Jahre tot. Wenn man sich manche Fantasysachen anschaut, kommt es ziemlich nah an Tolkien. Müssen es Hobbits und Elfen sein?
Geändert von Pats Reiseabenteuer (13.11.2013 um 15:26 Uhr)
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Ich will keinen Comic aus dem Herrn der Ringe machen, mich interessierte da nur mal die deutsche Rechtslage, weil ich soweit nur im Kopf hatte, dass sobald ein eigenständiges Werk vorliegt, der Urheberrechtsschutz der Vorlage halbwegs ausgehebelt wird, ich mir aber kaum vorstellen konnte, dass das für sowas auch gilt. Ich hab aber selbst mal nachgeschaut und hier die Antwort gefunden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bearbei...rheberrecht%29
Grob gesagt: Bearbeiten darf man alles, verwerten bzw. veröffentlichen nur mit Genehmigung.
Solche Märchenadaptionen sind allerdings auch ein alter Hut, ich erinnere etwa an die Comicserie "Fables" von Bill Willingham (bei DC Comics) oder an Neil Gaimans "Sandman", der bei mythischen Stoffen kräftig zugelangt hat, aber auch bei Shakespeare, Milton und anderen Dichtern (ähnlich wie Alan Moore, der in "The League of the Extraordinary Gentleman II" H. G. Wells' "War of the Worlds" abgekupfert hat).
Olivia Viewegs Hänsel und Gretel-Adaption finde ich zugegebenermaßen etwas öde; die Hexe als böse Missionsschwester mit umgedrehtem Satanistenkreuz, das ist Weltdeutung für Leute, die sich den Katholizismus von Dan Brown erklären lassen.
Die meisten Märchen sind nicht selbst ausgedacht sondern nur zusammengefasst. Die Brüder Grimm haben genauso wie das Wörterbuch bis zum Buchstaben F die Märchen und Sagen zusammengetragen, darum haben Bechstein und Französische Autoren diese ebenfalls verwendet.
Bei HC Anderson ist das etwas anderes. Aber 70 Jahre nach dessen Tod gibt es sowas wie Urheberrecht nicht mehr sondern die Märchen sind ab diesem Zeitpunkt Allgemeingut. Aber am besten du redest mit einem Juristen darüber bevor ihr anfangt.
Vorsichtig wäre ich z. B. bei Peter Pan. James Matthew Barrie hat seine Figur einem Kinderkrankenhaus vermacht. Und dieses hat auch über 70 Jahre nach seinem Tod noch Anspruch auf Lizenzgebühren (siehe u. a. hier). Darum konnte z. B. Willingham Peter nicht zum Hauptbösewicht in "Fables" machen. Bei "modernen" Märchenfiguren/Kinderbuchklassikern sollte man sich vorab informieren, wie die Copyrightlage ist.
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Ich finde die Idee klasse.
Ich persönlich fände die Bremer Stadtmusikanten (Allerdings liegen hier die Urheberrechte bei der Gerhard-Marcks-Stiftung) oder Rattenfänger von Hameln versetzt ins mittelalterliche Japan total interessant.
Ist vieles nicht durch die Herangehensweise der Persiflage gedeckt? Oder auch durch die Verfremdung?
Etwa "Des Kaisers neues I-Phone" müsste doch gehen ohne die rechteinhaber zu fragen?
(Natürlich geht "I-Phone" wahrscheinlich nicht...)
@Gena, Peter Pan ist seit 2007 public domain. Die Rechte dieses Krankenhauses auf Lizenzgebühren beziehen sich nur auf Aufführungen und Publikationen in England.
@mana, Das Märchen von den Stadtmusikanten ist sowas von gemeinfrei, geschützt ist lediglich die Figurengruppe von Marcks die irgendwo in Bremen aufgestellt ist.
@ll: vielen Dank für das Feedback. Werde ich also tatsächlich nochmal jemand vom Fach fragen, bevor ich mich da reinstürze. Wäre mehr als ärgerlich, wenn hier viele Arbeit reinstecken und nachher in die Röhre gucken.
Sag bloß
Spaß beiseite: mir ist das nicht unbekannt, dass es schon häufiger mal Interpretationen von gemeinbekannten Märchen gab. Was aber nicht bedeuten muss, dass das Projekt dann beiseite gelegt werden muss, oder? Wenn ich mich recht erinnere bedienst Du Dich bei einem Comicprojekt im Moment auch bekannter Figuren aus dem vorderen Orient, nur versetzt Du sie in andere Geschichten. Mein Gedanke war, die alten Geschichten in neuem Gewand zu erzählen, auf diese Weise vielleicht die grundsätzliche Aussage des jeweiligen Märchens in ein neues Licht zu tauchen. Keine Ahnung, ob das klappt, aber die Idee hat mir's erstmal angetan.
Dann nehmen wir sie nicht mit in den Sammelband. Geht ja gar nicht.
Wie schon gesagt, 70 Jahre nach dem Tod des Autors sind die Werke gemeinfrei und können von jedem benützt werden (in der EU). Sämtliche von den Grimms zusammengetragenen Märchen stehen daher ohne wenn+aber zur Verfügung.
Das einzige Problem könnte sein, das bestimmte Namen und Darstellungen als Muster bw Trademark von Firmen geschützt wurden - zB von Disney . Aber das dürfte sich leicht umgehen lassen.
Ich bin etwas erstaunt angesichts der Vorsicht hier. Ich glaube bei nichts muss man sich weniger Gedanken machen als bei den Brüdern Grimm. Abgesehen davon dass die vor über 70 Jahren gestorben sind waren Sie ja auch nicht die Erfinder.
Die haben die Erzählungen damals per Zeitnannnoncen gesucht und von allen möglichen Leuten zuschicken lassen.
Allerhöchstens kann der Wortlaut geschützt (gewesen) sein, aber hier geht es ja um Comics.
Außerdem welcher Comiczeichner hat den Spaß an einer 1:1 Umsetzung? Ich glaube damit erreicht man auch keinen Leser. Das Wesen dier Märchen ist doch gerade dass sie sich immer Verändern weil sie immer weitererzählt werden.
-Homepage-
Hab mir das mal angeschaut... und... Oh Gott.Olivia Viewegs Hänsel und Gretel-Adaption finde ich zugegebenermaßen etwas öde; die Hexe als böse Missionsschwester mit umgedrehtem Satanistenkreuz, das ist Weltdeutung für Leute, die sich den Katholizismus von Dan Brown erklären lassen.
Ich würde mich auch auf nicht-Grimm-Märchen freuen. Vielleicht sogar Sagen und Mythen? Muss jetzt nicht unbedingt ein Ulysses werden, aber die Richtung wäre doch auch was.
Geändert von Manaking (19.11.2013 um 01:32 Uhr)
@Geier
Danke für die Info. Ich dachte, die Rechte, die Barrie vergeben hatte, seien weltweit bindend und auch deutlich weitreichender.
Kennst du die Oz-Reihe von Skottie Young? Originalgetreu und einfach nur wunderschön - und ich glaube, der Herr Comiczeichner hat ziemlich viel Spaß mit L. Frank Baums Oz-Universum. Auch 1:1-Umsetzungen können durchaus ihren Reiz haben. Der ganze Bilderbuchmarkt wäre schlagartig um ein Thema ärmer, wenn originalgetreue Adaptionen plötzlich nicht mehr gefragt wären.
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Hat auch etwas, zumindest den Text 1:1 zu lassen und die Bilder machen die Neuinterpretation. Ich denek da an William Shakespears Romeo and Juliet. Das wäre auch wirklich interessant.
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Glaubst Du. Im Falle Karl May/KMV und den bekanntesten Figuren wie Winnetou ist das tatsächlich so, da besteht leider erhebliches Prozeßrisiko bei der Verwendung dieser Charaktere, Namen und Storys obwohl es an sich legal wäre, da May schon mehr als 100 Jahre tot ist. Auch bei Tarzan & Co. (wäre an sich in den USA -Frist 50 Jahre- , aber noch nicht bei uns rechtsfrei!) wird von den Erben versucht, die geltenden Gesetze auszuhebeln z.B. damit, diese Namen als Warenzeichen eintragen zu lassen und andere Kniffe.
Auf die 70-Jahres-Regel sollte man sich deshalb nicht blind verlassen, sondern im Zweifelsfall tatsächlich die Lage bzw. die Risiken durch einen Juristen abklären lassen, auch wenn das natürlich kostet.
Eigentlich sollte man meinen bei Grimms Märchen bestünde kein Risiko, aber man darf nicht vergessen daß an sich nur die uralten Originaltexte gemeinfrei sind, keineswegs aber die in der Regel immer stark bearbeiteten und sprachlich der Gegenwart angepassten Textfassungen der diversen Verlage. Die würden dann erst wieder gemeinfrei 70 Jahre nach dem Tod des Übersetzers/Bearbeiters.*
Wenn man die großzügig z.B. in den Sprechblasen einer Comicfassung unverändert zitiert, kann man durchaus in die Bredouille kommen. Deshalb rate ich auf jeden Fall zur Vorsicht und dazu, auf keinen Fall in einer Comicadaption Buchtexte 1:1 zu zitieren!!!
Das kann sogar im Falle Shakespeares gefährlich sein, wenn es sich um eine neuere Übersetzung handelt, deren Übersetzer noch nicht vor 70 Jahren abgenippelt ist.
*Falls überhaupt, nachdem die Frist ohnehin schon von 50 auf 70 Jahre erhöht wurde, ist mit einiger Sicherheit damit zu rechnen daß es auf Betreiben diverser Urhebererben bald 100 Jahre sein werden.
Geändert von Zyklotrop (10.12.2013 um 07:25 Uhr) Grund: Ergänzung
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