Rezension von: Jons Marek Schiemann

Posy Simmonds legt mit "Gemma Bovery" eine wirklich erstklassige Adaption des Klassikers "Madame Bovary" von Gustave Flaubert vor. Wenn man den Titel sieht, ist man erst versucht eine platte Modernisierung zu vermuten. Der Name der Heldin "Gemma Bovery" ist viel zu ähnlich mit "Emma Bovary", um eine wahre Modernisierung zu liefern. Man ist versucht zu unterstellen, dass "Madame Bovary" einfach nur in die Neuzeit versetzt und mit moderneren Namen versehen wurde und ansonsten der Stoff gleichgeblieben ist. Das ist alles richtig, aber dennoch falsch. Denn Posy Simmonds gelingt es, den Stoff der Vorlage gleich mehrfach
zu nutzen. Die Versetzung des Inhalts in die Jetztzeit soll nicht nur dem Leser eine Identifikationsmöglichkeit geben, die eventuell anhand der Kostüme des Originals verdeckt worden wäre, sondern zeigt auch die immer währende Aktualität von Ehebruch, Ehefrust, Affären, Lust, Liebe, Treue und Eifersucht. Diese Themen sind immer von Belang und es haben sich seit der Steinzeit nur die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geändert. Aber Simmonds begnügt sich nicht mit einer modernen Adaption, sondern geht einen Schritt zurück und betrachtet und thematisiert das Buch an sich. Joubert, der Bäcker im Dorf, ist so fasziniert von der Namensähnlichkeit Bovery und Bovary, dass er das Schicksal von Flauberts tragischer Heldin auf die junge Engländerin projiziert. Immer wenn er Gemma sieht, muss er an die literarische Gestalt denken und verliebt sich weniger in die reale Frau, sondern in die Mischung aus Fiktion und Realität. Tragischerweise kennt er ja den Ausgang des Romans und will diesen in der Realität verhindern. Da aber beide Ebenen getrennt voneinander sind, führt das zu negativen Entwicklungen. Es ist sehr geschickt, wie Simmonds den Inhalt der Vorlage übernimmt und modernisiert, aber auch die Vorlage selber thematisiert. Indem diese beiden verknüpft werden, ermöglicht es sich die Zeichnerin und Autorin [ Weiter geht es in der Rezension selbst... ]



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