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Thema: Jean Michel Charlier - Kritisch betrachtet

  1. #101
    Mitglied Avatar von Huckybear
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    Zitat Zitat von zaktuell Beitrag anzeigen
    Und Corteggiani fällt natürlich hinter Charlier bei Blueberrys Jugend ab, aber bei seinen eigenen Serien schwingt er sich durchaus zu höheren Niveaus auf. Serien zu übernehmen ist eben auch schwieriger, als in den eigenen Welten zu schwelgen... - Vielleicht ist auch das ne Qualität, die ein Texter haben kann: Wie gut er es schafft, ne fremde Serie zu nehmen, und sie dann nicht nur fortzuführen, sondern zur eigenen zu machen. Unter dem Blickwinkel dürfte Franquin einer der ganz Grossen sein, denn sein Name fällt einem spontan zuerst zu Spirou ein, nicht der von Rob-Vel...
    Bei den meisten Nachfolgern einer bekannten Serie muss man sagen , dass diese meist sehr schlecht abschneiden, aber Sente halte ich bislang bei Thorgal, Blake und Mortimer und hoffentlich bald auch bei XIII schon für einen der weiteren guten Nachfolgeautoren.
    Vielleicht ja auch bald ein Nachfolger in der großen Tradition von Greg,van Hamme und Charlier.

  2. #102
    Mitglied Avatar von Huckybear
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    Zitat Zitat von BobCramer Beitrag anzeigen
    ...Wie dem auch sei, ich wüsste nicht, dass es in einem deutschsprachigen Sekundär-Magazin jemals ein Interview mit JMC gegeben hätte. Wäre doch interessant, wenn heute ein ausführliches Interview mit dem Mann geführt werden könnte, in dem auch diese moralisch/politischen Fragen vertieft diskutiert würden. Wer weiß, wie er das alles heute, aus einer gewissen zeitlichen Distanz heraus und vermutlich als Pensionär, sehen würde.

    Warum sind so viele wichtige Frankobelgier eigentlich so früh gestorben? Charlier mit 64, Hubinon mit 54, Jije mit 66, Tillieux mit 56, Goscinny gar mit 51. Vielleicht Arbeitsüberlastung...

    Bestimmt gibt es noch viele in D unveröffentlichte Interviews aus französischsprachigen Sekundärmagazinen, die einen vielleicht auch noch einen Einblick über seine Sichtweisen auch zum Ende vermitteln könnten.
    Ich denke, aber auch,dass Paape,Giraud ,Pellerin und Bergrese bsw. schon einiges in Ihren eigenen Interviews offen oder zwischen den Zeilen vermittelten.

    Vielleicht sind Sie wegen der gesunde Lebensweise der 60er und 70er mit guten Essen, Wein und Tabak so alt geworden
    Geändert von Huckybear (20.06.2011 um 17:48 Uhr)

  3. #103
    Mitglied Avatar von Huckybear
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    Zitat Zitat von Manx cat Beitrag anzeigen
    Und vor allem Finlay, Kimball und Vigo.
    Finlay und Kimball aber erst ab dem Chihuahua Pear Zyklus mit den längeren Haaren
    Bei Navajo haben sie doch noch sehr den moralisch edlen Zeitgeist der 50/60er.
    Erst im laufe der nächsten Blueberry Jahrzehnte kommt Ihre radikale Spaghettiwesternhaltung, wo Finlay u.a später seiner Truppe erklärt, dass er Ihre von Bluebery versprochene Begnadigung weggeschmissen hat, weil aus Ihnen dadurch eh aus seiner Sicht nix anständiges geworden wäre.

  4. #104
    Mitglied Avatar von Huckybear
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    Zitat Zitat von zaktuell Beitrag anzeigen
    Für meinen Geschmack gibt es in dem Bereich nur ein wirkliches Genie: Goscinny. Aber der war im Humor-Bereich. Im Abenteuer-Bereich gibt es mMn die drei Grossen Charlier, Greg und van Hamme. Und bei denen ist mit Greg klar der liebste. Charlier taugt für spannende, anspruchslose Unterhaltung. Das allerdings auf überaus hohem Niveau. Der Simmel oder Konsalik der Comics. Aber eben auch nicht 'mehr'.
    Mal was anderes...
    Wer als "Grosser" gilt, war zumeist in der Vergangenheit auch Chefredaktuer o.ä bei den großen Magazinen und Verlagen in Frankreich

    Charlier u.a Pilote
    Greg bei Tintin
    van Hamme Direktor Dupuis / damit verantwortlich für Spirou
    Goscinny bei Pilote

    ???...Sente Direktor beim Verlag Lombard

  5. #105
    Mitglied Avatar von SvenT
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    Zitat Zitat von BobCramer Beitrag anzeigen

    in keinem dieser Western tauchte ein Protagonist wie Blueberry auf.
    Ich sag mal HONDO.
    http://en.wikipedia.org/wiki/Hondo_%28TV_series%29

    Das ist genau der Individualist, der auch Blueberry ist.
    Im Kinofilm mit John Wayne treffen wir Vittorio. Der Hondo aus der spätere Fersehserie hat Blueberry sogar das Aussehen spendiert:
    http://jacq-jacquin.blogspot.com/201...-de-sioux.html
    Die Serie lief um 1970 im franz. Fernsehen.

    Ansonsten fallen mir noch diverse Richard-Widmark-Figuren ein, die als Inspiration für Blueberry gedient haben könnten. McClure stammt hingegen aus "McLintock!"
    Blueberry ist jedenfalls von vorne bis hinten ist eine genaue Reflektion auf das Westernkino.

    Welcher Ort eignet sich aber auch besser zur Inspiration als das Kino? Charlier kannte das Genre viel zu gut – der muss ständig im Kino gewesen sein. Paris war zu Charliers Zeit ja auch die Kinohauptstadt Europas. Ich kann mir richtig gut vorstellen, wie der Dicke im Kino sass, während Giraud vorne dem Besitzer die Lobby-Karten abschwatzte, um sie später für Blueberry abzuzeichnen. (Reine Fantasie meinerseits …)

    Ich kenne mich mit Flieger- und Piratenfilmen zu wenig aus um sagen zu können, inwieweit sich in anderen Charlier-Serien Bezüge zum Kino finden lassen. Ich würde aber annehmen, dass sie voll davon sind.
    Geändert von SvenT (20.06.2011 um 18:32 Uhr)
    lieber dohf als ein comicfilosohf

  6. #106
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    "General Gelbhaar" ist von 1971, "Das Wiegenlied vom Totschlag" ist von 1970. Ich sehe durchaus Parallelen, auch was den bitteren Ausgang beider Geschichten angeht.

  7. #107
    Mitglied Avatar von BobCramer
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    Zitat Zitat von Manx cat Beitrag anzeigen
    Bist du da so sicher? Ein paar Ecken und Kanten hatten die Westernhelden damals durchaus.
    Sicherlich, aber dieser freche, rebellisch-jugendliche Habitus von Blueberry war neu. Letzten Endes war Blueberry nicht nur optisch mit Belmondo identisch, der damals frischen Wind ins Filmgeschäft brachte und mit den bis dahin bekannten Filmhelden nichts gemeinsam hatte. Die schräge Visage, das Leck-mich-am-Arsch-Verhalten, der lässige Auftritt, der Charme und die Gewitztheit und die Energie - das war ein Comic-Belmondo in Reinkultur.

    Zitat Zitat von Manx cat Beitrag anzeigen
    Vielleicht wäre es interessant, Western aufzulisten, die als Vorbild für Blueberry gedient haben könnten. Ich kennen mich eher bei Italo- und Spätwestern aus. Von vor 1965 kenne ich nur eine Handvoll. ("Die Weiße Feder" bestelle ich gleich bei Amazon, habe ich vor 25 Jahren mal gesehen.)
    Also da wäre natürlich John Fords Kavallerie-Trilogie mit John Wayne: "Bis zum letzten Mann", "Der Teufelshauptmann", "Rio Grande" (1947-1950). DAS klassische Epos zum Thema "Kavallerie vs. Apachen". Zweifellos hat sich Charlier davon inspirieren lassen. Die Postkutschenfahrt durchs Apachengebiet kennt man aus Fords "Stagecoach" (1939). Der grausame Indianer-Überfall auf die einsame Stanton-Farm erinnert stark an Fords "Der Schwarze Falke" (1956), wo Comanchen die Familie von John Waynes Bruder abschlachten - hier wie dort wird das eigentliche Massaker ausgespart und nur das Resultat gezeigt. In "Der Schwarze Falke" reiten die Kavalleristen außerdem ziemlich brachial ein Indianerlager nieder - daran erinnert Bascoms Attacke auf die friedlichen Indianer. In all diesen Filmen dient zudem das Monument-Valley als Kulisse - wie auch im Apachen-Zyklus. Siedler, die sich in das schützende Kavallerie-Fort flüchten (wie in Camp Bowie in "Der einsame Adler"), gab es in Fords "Trommeln am Mohawk" (1939).

    Dann gibt es ein paar deutliche Parallelen zu "Der gebrochene Pfeil" (1950) und "Schlacht am Apachenpass" (1952), beide mit Jeff Chandler als Cochise. Im ersten Film spielt James Stewart Tom Jeffords, einen historischen Charakter, der Charlier offenbar zur Blueberry-Figur inspirierte.

    Dass es eindeutige filmische Vorbilder für den großen Munitionstransport aus "Der einsame Adler" oder die Minen-Episode aus "Die Spur der Navajos" gibt, wüsste ich nicht.

    (John Fords letzter Film "Cheyenne" von 1964 kann dann später als Inspiration für "Der lange Marsch"/"Der Geisterstamm" gelten. DeMilles "Union Pacific" von 1939 diente in der Grundkonstruktion offensichtlich als Inspiration für den Eisenbahn/Steelfingers-Zyklus. Dass Hawks' "Rio Bravo" von 1959 die Vorlage für "Der Sheriff" war, dürfte bekannt sein.)

  8. #108
    ist irgendwie doch wieder zaktuell Avatar von ZAQ
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    Zitat Zitat von BobCramer Beitrag anzeigen
    (...) so langsam bin ich's leid, das alles aufzudröseln. Du warst es, der erklärt hat:

    "Thomas Manns Sätze sind lang und verschachtelt. - Analysierbarer Fakt.
    Dadurch sind sie komplexer und komplizierter und fordern vom Leser mehr 'Lesekompetenz' als klare, einfache Sätze und sind geeignet, Leser ohne ausreichende Lesekompetenz zu überfordern. - Analysierbare Wirkung.
    Thomas Manns Sätze sind grossartig/total hochgestochen/völlig unlesbar, weil sie so komplex sind. - Wertung. Persönlich und vom Rezipienten abhängig."

    Ich habe, in meinem Augen durchaus detailliert und nachvollziehbar, dargelegt, dass das eine Schein-Kausalität ist. Jemand, der die nötige "Lesekompetenz" für Thomas Mann hat, kann ihn trotzdem für hochgestochen und unlesbar halten. (...)
    Nur ganz kurz, weil ich auch auf aufdröseln keine Lust hab, und die Diskussion schon woanders ist: Du hast mich da missverstanden. Mir gings bei dem von Dir Zitierten nur darum, Dir die verschiedenen Ebenen Fakt, Wirkung und Wertung aufzuzeigen. Ob Hochschulprofessoren oder Bild-Leser Thomas Mann für hochgestochen oder genial halten, ist dafür völlig Latte.
    Zitat Zitat von BobCramer Beitrag anzeigen
    Blueberry ist eben eindeutig eine Figur der 60er Jahre, einem Jahrzehnt, in dem ambivalente Antihelden in Mode kamen.
    Einspruch. Der 'moderne Antiheld' (der klassische geht zurück bis ins 18. Jahrhundert) ist auch ein Produkt der spätestens 50er Jahre. Ich würde sogar -zB bei Bogart, wenn auch in nem anderen Genre- bis in die 30er, 40er zurückgehen. Aber bleiben wir im Genre: Vera Cruz, die 'Blaupause für den Italo-Western', stammt von 1952 und auch in 'The Searchers' (Der schwarze Falke) von 1956 finden wir ambivalente Protagonisten. Nur zwei von vielen Beispielen. In 'Der Westenfilm' von Thomas Jeier ist das Kapitel über die Jahre 1953-1958 denn auch überschrieben mit 'Psychologie und Action'. Man muss also für cineastische Vorbilder für Blueberry nicht auf den Italo-Western warten.
    Zitat Zitat von BobCramer Beitrag anzeigen
    (...) Schon allein deshalb ist das Argument, Charlier hätte in dem Apachen-Zyklus mit 15jährigen Verspätung nur mal eben ein paar Hollywood-Western nacherzählt, auch nicht richtig, (...)
    Die ersten fünf Bände sind 'klassischer Kavallerie-Western'. Typischerweise von John Ford, 50er Jahre, Du kennst sie, hast sie selbst aufgezählt. Silberstern / Rio Bravo trennen 'nur' 7 Jahre. Dann Eisenbahnbau und wieder Kavallerie. Darin Auftritt Jethro Steelfingers. Einen 'Mann mit Eisenhand' gab es auch bereits 1958 in "Sturm über Texas". Italo-Western-Einflüsse gab es bei Blueberry erst ab Goldmine (Du selbst nennst die Kopfgeldjäger aus diesem Zweiteiler). Das war 1969. Da war der Italo-Western eigentlich schon wieder vorbei (Thomas Jeier, datiert sein entsprechendes Kapitel von 1962 bis 1968. Es folgte der 'Klamauk-Western' a la Hill/Spencer (1967-1971), wobei die Übergänge fliessend sind...).

    Wenn man also Blueberry und die jeweiligen Entstehungsjahre mit den Film-Daten vergleicht ist schon was dran an:
    Zitat Zitat von SvenT Beitrag anzeigen
    (...) Blueberry ist jedenfalls von vorne bis hinten ist eine genaue Reflektion auf das Westernkino. (...)
    - auch wenn ich das so extrem nicht formulieren würde und auch nur für die ersten Bände so sehen. Mit abnehmender Tendez im Lauf der Serie.

    PS: @BobCramer: Aber wenn Du die Filme, die Du im vorangegangenen Post aufzählst, auch alle gesehen hast, nehm ich meine Aussage zurück, Du hättest vielleicht noch nicht genug Western gesehen...
    Geändert von ZAQ (20.06.2011 um 22:47 Uhr)
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  9. #109
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    Zitat Zitat von Manx cat Beitrag anzeigen
    "General Gelbhaar" ist von 1971, "Das Wiegenlied vom Totschlag" ist von 1970. Ich sehe durchaus Parallelen, auch was den bitteren Ausgang beider Geschichten angeht.
    Wenn Du da Parallelen siehst, ist aber Blueberry hier das Vorbild: Gelbhaar ist nicht von 1971, sondern von 1968. Für derartige Vergleiche darf man ja nicht die Alben-Veröffentlichung, sondern Entstehungszeit/Erstveröffentlichung zugrunde legen.
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  10. #110
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    Zitat Zitat von BobCramer Beitrag anzeigen
    Dass es eindeutige filmische Vorbilder für den großen Munitionstransport aus "Der einsame Adler" ...
    Eindeutig ist es nicht, aber ich musste an "The Plainsman" denken.

  11. #111
    Mitglied Avatar von BobCramer
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    Zitat Zitat von zaktuell Beitrag anzeigen
    Einspruch. Der 'moderne Antiheld' (der klassische geht zurück bis ins 18. Jahrhundert) ist auch ein Produkt der spätestens 50er Jahre. Ich würde sogar -zB bei Bogart, wenn auch in nem anderen Genre- bis in die 30er, 40er zurückgehen. Aber bleiben wir im Genre: Vera Cruz, die 'Blaupause für den Italo-Western', stammt von 1952 und auch in 'The Searchers' (Der schwarze Falke) von 1956 finden wir ambivalente Protagonisten.
    Nichts wird im Kino natürlich aus der hohlen Hand gezaubert, jede Entwicklung ist eine Weiterentwicklung, jeder populäre Charaktertypus hat einen Vorläufer. Die Eastwood-Figur aus "Für eine Handvoll Dollar" z.B. basiert auf der Mifune-Figur aus "Yojimbo", die wiederum von Hammetts Roman "Rote Ernte" beeinflusst wurde, den man auf Goldinis "Der Diener zweier Herren" zurückführen könnte... und wer weiß, von wem sich Goldini inspirieren ließ.

    Wie dem auch sei: Man kann fast in allen Fällen immer weiter und weiter zurückgehen - auch "Star Wars" ist ein wildes Sammelsurium, in dem von "Der Wüstenplanet" bis "Der Herr der Ringe" alles mögliche verwurschtet wurde. Dennoch waren weder Lucas bei "Star Wars" noch Leone bei "Für eine Handvoll Dollar" bloße Plagiatoren, sondern haben jeder für sich eine ganz eigene filmische Form gefunden, die neuartig und innovativ war.

    Und so ist es auch beim Blueberry-Charakter, der selbstverständlich nicht der erste Antiheld war, aber es war eben ein neuartiger Antiheld im Sixties-Stil. Indem ihn die Autoren zu einem Comic-Belmondo machten, sind in der Figur sogar Nouvelle-Vague-Einflüsse erkennbar. Der jugendlich-rebellische Habitus, die selbstsichere, lässige Leck-mich-am-Arsch-Haltung, nicht zuletzt das attraktiv-häßliche Äußere, das zu überhaupt keinem früheren Filmhelden passte... es war eine neue, damals moderen Version des Antihelden, die genau in die Zeit passte und die dann ja auch sehr gut ankam - ähnlich wie Connerys Bond oder Eastwoods Revolvermann, die zur selben Zeit populär wurden. Alle nicht ohne Vorläufer/Inspiratoren, aber dennoch in der konkreten künstlerischen Ausgestaltung modern und ungewöhnlich.

    Zitat Zitat von zaktuell Beitrag anzeigen
    PS: @BobCramer: Aber wenn Du die Filme, die Du im vorangegangenen Post aufzählst, auch alle gesehen hast, nehm ich meine Aussage zurück, Du hättest vielleicht noch nicht genug Western gesehen...
    Ich habe nicht alle gesehen, aber wer hat das schon? Ist ja auch nicht nötig. Als alter Film-Maniac kenne ich mich soweit ganz gut aus und kann Verbindungen/Entwicklungslinien erkennen oder recherchieren. Gerade die Einflüsse von John Ford auf den Apachen-Zyklus und später auf "Der Geisterstamm" sind unübersehbar... zweifellos war Charlier von diesem Ausnahmekönner wie so viele andere beeindruckt und beeinflusst und hat diese Abenteuer sozusagen im "Geist" von Ford geschrieben. Fords "Der letzte Befehl" bietet sich dann auch als Inspiration für die ersten Jugendabenteuer an (Nordstaatler-Sabotageaktionen hinter den feindlichen Linien).

    Außerdem war Hawks mit "Rio Bravo" dran ("Der Sheriff"), dann deMille mit "Union Pacific" für den Steelfinger-Zyklus, Walsh mit "Sein letztes Kommando" für "General Gelbhaar", und Aldrichs "Vera Cruz" könnte man als entfernten Vorläufer für "Ballade für einen Sarg" und überhaupt die ganzen Mexiko-Abenteuer sehen. Und die Spaghetti-Western-Einflüsse ab dem Luckner-Abenteuer sind eindeutig und wurden hier ja auch schon thematisiert - schwarzgewandete, unrasierte Kopfgeldjäger, sadistische mexikanische Fieslinge, das zunehmend runtergekommene, staubige Ambiente, der harte, zynische Grundton...

    Charlier hat sich von vielem und vielen anregen lassen. Aber er ist doch immer über den Status eines Plagiators hinausgekommen und hat seine eigene Vision entwickelt.
    Geändert von BobCramer (21.06.2011 um 09:20 Uhr)

  12. #112
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    Zitat Zitat von SvenT Beitrag anzeigen
    Ich kenne mich mit Flieger- und Piratenfilmen zu wenig aus um sagen zu können, inwieweit sich in anderen Charlier-Serien Bezüge zum Kino finden lassen. Ich würde aber annehmen, dass sie voll davon sind.
    Da gibt es sicher Inspirationen, Referenzen, Bezüge, das lässt sich im übrigen nicht vermeiden, wenn man in einem bestimmten Genre arbeitet, in dem sich gewisse Charakter- und Handlungsmuster herausgebildet haben.

    Aber für die detaillierten Plots von "Buck Danny" oder dem "Roten Korsaren" (oder anderen Charlier-Serien) gibt es meines Erachtens keine eindeutige Vorbilder. Deren Gestaltung ist Charliers Verdienst. Und wie man es sehr viel schlechter und uninspirierter machen kann, haben dann ja seine Nachfolger gezeigt.

    Ich hab mir oft gewünscht, dass jemand vom Format eines van Hamme seine Serien fortgeführt hätte. Aber sowas stand wohl nie zur Debatte. Außerdem glaube ich nicht, dass sich Giraud bei Blueberry einen anderen Texter vor die Nase hätte setzen lassen (zumal van Hamme, wenn ich's richtig sehe, nur für Lombard und Dupuis arbeitet und nicht für Dargaud).
    Geändert von BobCramer (21.06.2011 um 11:43 Uhr)

  13. #113
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    Zitat von Manx cat:
    Wanted ist modern, Torpedo ist deutlich auf Erwachsene zugeschnitten und als Killer angelegt. Allein Charlier hat Figuren geschaffen, die bereits auf 8-10jährige äußerst anziehend wirken.
    Die Kritik würde sicher nicht verstummen, wenn man einen 16+-Aufkleber auf die Tanguy-GA pappt.
    .
    "Modern" und "für Erwachsene" heißt natürlich nicht "über jede Kritik erhaben". Und wenn - um mal zwei Beispiele zu nennen - in der einen Serie ein Obdachloser erschossen wird, weil er nervt und in der anderen der Titelheld als Kind seine Lehrerin vergewaltigt und sich das liest als sei das unheimlich witzig, dann könnte das doch auch den ein oder anderen "Kritiker" stören ... sollte man meinen.
    Stattdessen wählt man sicheres Terrain: auf Charlier herumzuhacken ist schon fast Pflichtübung (ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren: meist auch eine gehörige Portion Selbstinszenierung).
    Was dabei auffällt - neben der Überspanntheit der Kritik - ist ihre schiere Disproportionalität gemessen an weitaus "fragwürdigeren" Comics.
    Zitat von Bob Cramer:
    Blueberry ist eben eindeutig eine Figur der 60er Jahre, einem Jahrzehnt, in dem ambivalente Antihelden in Mode kamen.
    Aber im frankobelgischen Mainstreamcomic der 1960er Jahre hatten die doch eher Seltenheitswert. Insofern bot er der damaligen Leserschaft tatsächlich Neues.

    Zum Rest der Diskussion:
    Mag ja sein, dass sich Charlier und Giraud an Filmen orientiert haben, ein Verdienst ist es dennoch, den Antiheld, wenngleich nicht in den Comic gebracht, so dort doch zumindest nachdrücklich popularisiert zu haben.
    Das erweiterte die Möglichkeiten.

  14. #114
    ist irgendwie doch wieder zaktuell Avatar von ZAQ
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    So langsam schliesst sich für mich ein Kreis, nein, eigentlich zwei Kreise, und ich denke, wir sind auch gar nicht so weit voneinander entfernt. Was Du mit
    Zitat Zitat von BobCramer Beitrag anzeigen
    Nichts wird im Kino natürlich aus der hohlen Hand gezaubert, jede Entwicklung ist eine Weiterentwicklung, jeder populäre Charaktertypus hat einen Vorläufer. (...)
    und dann im Folgenden ausführst, ist im Grunde das, was ich mit "Aufsaugen, durcheinanderrühren und neu zusammenstellen von Elementen" meinte.

    Edit: Und weil felix grad so dazwischen gefunkt hat: Ja, natürlich: Betrachtet man den Comic isoliert von cineastischen Vorbildern, dann hat Charlier natürlich in seinem Medium viel Neues gebracht. /Edit.

    Das der eine Kreis. Der andere ist der bzgl. Fakt und Wertung. Über die Fakten (s.o.) sind wir uns weitgehend einig. Nur in deren Beurteilung, Wertung, Wichtung gehts ein bisschen auseinander: Während ich eher die bekannten Zutaten sehe und das deshalb als 'nicht wirklich neu oder gar innovativ' sehe, setzt Du Deinen Fokus auf die neue Zusammenstellung und sprichst von 'Charliers eigener Vision'. - Deine Wortwahl von wegen 'Plagiator' habe ich im Übrigen auch nie benutzt und würd ich auch nicht: das ist ne Überinterpretation meiner Aussagen - oder -und in dem Fall wär das legitim- eine "Übertreibung, um zu verdeutlichen".

    Anderer Punkt:
    Zitat Zitat von BobCramer Beitrag anzeigen
    (...) Und wie man es sehr viel schlechter und uninspirierter machen kann, haben dann ja seine Nachfolger gezeigt.

    Ich hab mir oft gewünscht, dass jemand vom Format eines van Hamme seine Serien fortgeführt hätte. (...)
    Nachdem wir hier nebenbei festgestellt hatten, dass auch (bei eigenen Serien) gute Texter wie Corteggiani sich mit dem Fortführen schwer tun, versteh ich diesen Wunsch nicht wirklich. Aber gut, unbenommen. Ich würde mir im Gegenteil eher wünschen, dass gute Zeichner wie Blanc-Dumont ihre eigenen Serien (Cartland, Colby) fortführen oder (weil die Scenaristen beider Serien ja nun nicht mehr unter den Lebenden weilen) neue, eigene Serien entwickeln. Colin Wilson war ja sehr nah an Girauds Stil, trotzdem passte der nicht zu den Jugend-Abenteuern. Der wäre für Blueberrys Zeit zwischen Gelbhaar und Chihuahua Pearl -also zB den Marschall-Zyklus- gut gewesen, denk ich. Vielleicht auch für zwischen Angel Face und Nez Casse. Aber jedenfalls begrüsse ichs, dass der nun wieder eigene Sachen macht.
    Geändert von ZAQ (21.06.2011 um 12:56 Uhr)
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  15. #115
    Mitglied Avatar von BobCramer
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    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Aber im frankobelgischen Mainstreamcomic der 1960er Jahre hatten die doch eher Seltenheitswert. Insofern bot er der damaligen Leserschaft tatsächlich Neues.
    Sicher. Der Meinung bin ich auch. Ich wüsste nicht, dass es vorher einen frankobelgischen Protagonisten gegeben hätte, der auch nur annäherend mit Blueberry vergleichbar wäre. Ca. 20 andere bekannte Protagonisten wie Danny, Valhardi, Master, Vaillant, Lefranc etc. könnte man aber in der Grundcharakterisierung gegeneinander austauschen.

    Interessant ist ja auch, dass Blueberry für Charlier die letzte große Neuentwicklung einer Serie/eines Charakters war - mit Blueberry hatte er das Optimum erreicht. (Die "Los Gringos"-Serie mitsamt den eher farblosen Protagonisten konnte doch nie richtig überzeugen.)

  16. #116
    ist irgendwie doch wieder zaktuell Avatar von ZAQ
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    Übrigens mal noch n anderer Gedanke, der sowohl zu dieser Diskussion passt, als auch dazu:

    Wenn man bei den Einen Vorbilder, Vorlagen kennt und damit deren Originalität kritisiert, sollte man wohl immer auch bedenken, dass bei den Anderen, die man für innovativer, origineller, originaler hält, vielleicht einfach nur die Vorbilder, Vorlagen, Inspirationsquellen unbekannter sind. Beispiel aus der verlinkten Thematik: Wer hat nicht Girauds Titelbilder grandios gefunden. Und ist dann etwas enttäuscht gewesen, als er festgestellt hat, dass Giraud da 'fast abgepaust' hat (obwohl das ja das Giraud'sche Cover nicht ändert...)? Aber wer weiss es denn schon, ob andere Zeichner, wie zB Hermann oder Vance nicht genauso 'abgekupfert' haben, nur mit dem Unterschied, dass es da noch nicht bekannt wurde, weil die Bildvorlagen noch unbekannter sind als die von Giraud benutzten?
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  17. #117
    Mitglied Avatar von BobCramer
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    Zitat Zitat von zaktuell Beitrag anzeigen
    Nachdem wir hier nebenbei festgestellt hatten, dass auch (bei eigenen Serien) gute Texter wie Corteggiani sich mit dem Fortführen schwer tun, versteh ich diesen Wunsch nicht wirklich.
    Keine Ahnung, wie gut Cortegianni sonst ist, ich kenne nur die Blueberry-Jugend-Alben. Wir haben auch nur festgestellt, dass "bestimmte" Texter als Charlier-Nachfolger versagt haben. Daraus kann man nicht schließen, dass das für alle anderen Szenaristen ebenfalls gilt.

    Van Hamme auf jeden Fall hat mit Blake & Mortimer eine fremde Serie übernommen und in meinen Augen gute Arbeit geleistet. Deshalb würde ich ihm zutrauen, es auch bei anderen fremden Serien zu schaffen. Er recherchiert gewissenhaft und kann gut konstruierte, komplexe Szenarien bauen.

    Zitat Zitat von zaktuell Beitrag anzeigen
    Colin Wilson war ja sehr nah an Girauds Stil, trotzdem passte der nicht zu den Jugend-Abenteuern.
    Giraud kann meines Erachtens durch niemanden ersetzt werden, Wilson hat es so gut wie möglich versucht und blieb doch bestenfalls ein solider Kopist. Sollte JG mal nicht mehr unter uns weilen, sollte man die Hauptserie auch nicht weiterführen. Mit dem Ausfall beider Haupt-Kreativer wäre die Serie einfach nicht mehr zukunftsfähig.

  18. #118
    ist irgendwie doch wieder zaktuell Avatar von ZAQ
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    Zitat Zitat von BobCramer Beitrag anzeigen
    (...) Interessant ist ja auch, dass Blueberry für Charlier die letzte große Neuentwicklung einer Serie/eines Charakters war - mit Blueberry hatte er das Optimum erreicht. (Die "Los Gringos"-Serie mitsamt den eher farblosen Protagonisten konnte doch nie richtig überzeugen.)
    Wo Du das nochmal ansprichst: Wenn Du den Einfluss Girauds bei Blueberry (ab Goldmine) so ausschliesst, wie Du es weiter vorn im Thread getan hast, wie erklärst Du Dir dann diese Ausnahmestellung der Alben Goldmine bis Arizona Love in Charliers Gesamtwerk?
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  19. #119
    Mitglied Avatar von BobCramer
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    .

    Zitat Zitat von zaktuell Beitrag anzeigen
    Wo Du das nochmal ansprichst: Wenn Du den Einfluss Girauds bei Blueberry (ab Goldmine) so ausschliesst, wie Du es weiter vorn im Thread getan hast,
    Das habe ich ja nicht. Ich habe geschrieben, dass sich hier offensichtlich zwei Spitzenkönner gegenseitig inspiriert haben. Es ist gut möglich, dass Giraud Ideen und Anregungen beigesteuert hat, aber die konkreten Szenarios selbst sind für mich dennoch Charlier-Szenarios.

    Zitat Zitat von zaktuell Beitrag anzeigen
    wie erklärst Du Dir dann diese Ausnahmestellung der Alben Goldmine bis Arizona Love in Charliers Gesamtwerk?
    Wieso sollte die durch Giraud erklärt werden? Der ist doch sonst nicht als herausragender Szenarist für frankobelgische Comics hervorgetreten. "Marshall Blueberry" ist zäh und durchschnittlich, und der "Mister Blueberry"-Zyklus hat mit dem alten "Blueberry" wenig gemein.

    Mit dem "Blueberry" der 70er und 80er Jahre hat Charlier, inspiriert und unterstützt vom besten Comic-Zeichner weit und breit, sein Talent als epischer Geschichtenerzähler und Entwickler komplexester Intrigen eben voll ausleben können.

    Im übrigen bewegen sich all diese Geschichten im Rahmen ihres Genres. Charlier hat sich hier ja nicht mit avantgardistischen Experimenten hervorgetan oder das Genre dekonstruiert. DAS würde in der Tat nicht zu ihm passen.
    Geändert von BobCramer (21.06.2011 um 14:35 Uhr)

  20. #120
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Die Kritik würde sicher nicht verstummen, wenn man einen 16+-Aufkleber auf die Tanguy-GA pappt.
    .
    "Modern" und "für Erwachsene" heißt natürlich nicht "über jede Kritik erhaben". Und wenn - um mal zwei Beispiele zu nennen - in der einen Serie ein Obdachloser erschossen wird, weil er nervt und in der anderen der Titelheld als Kind seine Lehrerin vergewaltigt und sich das liest als sei das unheimlich witzig, dann könnte das doch auch den ein oder anderen "Kritiker" stören ... sollte man meinen.
    Stattdessen wählt man sicheres Terrain: auf Charlier herumzuhacken ist schon fast Pflichtübung (ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren: meist auch eine gehörige Portion Selbstinszenierung).
    Was dabei auffällt - neben der Überspanntheit der Kritik - ist ihre schiere Disproportionalität gemessen an weitaus "fragwürdigeren" Comics.
    Aber im frankobelgischen Mainstreamcomic der 1960er Jahre hatten die doch eher Seltenheitswert. Insofern bot er der damaligen Leserschaft tatsächlich Neues.
    Selbstinszenierung? Wenn mir was interessantes zu Charlier einfällt, schreibe ich es eben. Das hat immerhin schon 5 Seiten interessante Diskussion eingebracht und war daher wohl nicht ganz nutzlos.

    Überspannt? Meinetwegen, aber doch nicht ausschließlich, hoffe ich. Und "fragwürdig" sind doch einzelne Aspekte seiner Comics durchaus, du nennst ja selbst die Ambivalenz der Charaktere. Sein Weltbild möchte ich inzwischen aber nicht mehr als fragwürdig bezeichen.

    Ich fand es schade, dass in der Reddition 40 Los Gringos mit einer kurzen Inhaltsangabe abgehandelt wird. Es ist aber schon etwas mehr als nur ein weiterer Western. Auch beim Kapitel über Der Rote Korsar wurde meines Erachtens zu wenig gewertet. Natürlich kann man den Ansatz verfolgen, die Wertung den Lesern zu überlassen, aber was, wenn der Leser bei den offensichtlichen Schwächen zu früh das Handtuch wirft und die Stärken nicht erkennt? Eine ordentliche Besprechung ist ja auch Interpretationshilfe.

    Manche moderne Comics sind zweifelsohne weitaus "fragwürdiger". Mich interessiert aber nunmal Charlier. Was für einen Sinn hätte es, sich auf die offensichtlichen Provokationen eines Mark Millar, Garth Ennis oder Jodorowsky einzulassen. Die sind ja wohl völlig durchsichtig.


    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Die Kritik würde sicher nicht verstummen, wenn man einen 16+-Aufkleber auf die Tanguy-GA pappt.
    Das wäre ja nun auch ausgemachter Blödsinn.

    Zitat Zitat von Manx cat Beitrag anzeigen
    Trotzdem ist das Weltbild, das er vermittelt, mehr als fragwürdig.
    Okay, DEN Satz halte ich inzwischen ebenfalls für fragwürdig.
    Geändert von Manx cat (21.06.2011 um 18:40 Uhr)

  21. #121
    Mitglied Avatar von Manx cat
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    Zitat Zitat von BobCramer Beitrag anzeigen
    Aber für die detaillierten Plots von "Buck Danny" oder dem "Roten Korsaren" (oder anderen Charlier-Serien) gibt es meines Erachtens keine eindeutige Vorbilder. Deren Gestaltung ist Charliers Verdienst.
    Ich weiß nicht, ob es in der Reddition steht, aber Charlier hat als Inspiration mal die Romane von Dumas genannt.



    Zitat Zitat von zaktuell Beitrag anzeigen
    Wo Du das nochmal ansprichst: Wenn Du den Einfluss Girauds bei Blueberry (ab Goldmine) so ausschliesst, wie Du es weiter vorn im Thread getan hast, wie erklärst Du Dir dann diese Ausnahmestellung der Alben Goldmine bis Arizona Love in Charliers Gesamtwerk?
    Die Ausnahmestellung sehe ich nicht, allenfalls einen völlig anderen, anspruchsvolleren Zeichenstil.

    Aber vergleich mal Buck Danny mit Mick Tanguy, oder sogar Uderzo-Tanguy mit Jije-Tanguy.
    Der Plot von Buck Danny 25, Flug ohne Wiederkehr, wurde ja nur variiert in Mick Tanguy 10, Sondereinsatz nacherzählt. Trotzdem trennen die Alben Welten.



    Zitat Zitat von BobCramer Beitrag anzeigen
    Interessant ist ja auch, dass Blueberry für Charlier die letzte große Neuentwicklung einer Serie/eines Charakters war - mit Blueberry hatte er das Optimum erreicht. (Die "Los Gringos"-Serie mitsamt den eher farblosen Protagonisten konnte doch nie richtig überzeugen.)
    Ich fand die Entwicklung von Mick Tanguy nach "Abschied der Mirage" schon ziemlich spannend.
    Geändert von Manx cat (21.06.2011 um 18:39 Uhr)

  22. #122
    Mitglied Avatar von SvenT
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    Zitat Zitat von zaktuell Beitrag anzeigen

    Wenn man bei den Einen Vorbilder, Vorlagen kennt und damit deren Originalität kritisiert, sollte man wohl immer auch bedenken, dass bei den Anderen, die man für innovativer, origineller, originaler hält, vielleicht einfach nur die Vorbilder, Vorlagen, Inspirationsquellen unbekannter sind. Beispiel aus der verlinkten Thematik: Wer hat nicht Girauds Titelbilder grandios gefunden. Und ist dann etwas enttäuscht gewesen, als er festgestellt hat, dass Giraud da 'fast abgepaust' hat (obwohl das ja das Giraud'sche Cover nicht ändert...)? Aber wer weiss es denn schon, ob andere Zeichner, wie zB Hermann oder Vance nicht genauso 'abgekupfert' haben, nur mit dem Unterschied, dass es da noch nicht bekannt wurde, weil die Bildvorlagen noch unbekannter sind als die von Giraud benutzten?
    Ich greife das mal auf, um Giraud an der Stelle zu verteidigen.
    Vorlagen benutzt jeder Zeichner (ausser die schlechten, die sich zu fein dafür sind.)
    Zudem Giraud hat seine Vorlagen ja nicht verschleiert. Im Gegenteil, wer meinetwegen HONDO sah, der erkannte auch das Cover, das ja als Plakat sehr viel schlechter gezeichnet auch prominent war. Mir ging es als Steppke genau andersrum. Ich sah "Hondo And The Apaches" in der Glotze und erkannte auf einmal genau jenes Motiv von dem Comicalbum, das ich erst am Nachmittag gelesen hatte! Das machte aber den Comic nicht schlechter – für mich hat es eher den Film aufgewertet. Als Erwachsenen stört es mich ebenfalls nicht, weil ich zum Einen weiß, wie gearbeitet wird. Zum Anderen gbt es ja die alte Weisheit: In Amerika heißt es Diebstahl, in Frankreich Homage.

    Um elegant zu Charlier zurückzukommen: Charlier nimmt aus den Western einzelne Ideen und genretypische Momente. Ganze Storys übernimmt er meines Wissens nicht. Der "Mann mit dem Silberstern" ist da Ausnahme. Was Charlier aber in erster Linie und ganz hervorragend in seine Comic überträgt ist die Stimmung der Leinwandvorbilder!
    Van Hamme macht das genau andersrum. Bei mir stellt sich da schnell Langeweile ein, wenn ich nur noch aufzählen mag, wo er welche Ideen geklaut hat. Da ist der Hausbrand aus "MacKintosh-Man", da die Verbrecherhand aus "39 Steps", usw., usw.. Die Stimmung bleibt weg.

    Nach der Diskussion Charlier vs. Greg, wie wäre es mit einer Charlier vs. Van Hamme-Debatte?
    Geändert von SvenT (21.06.2011 um 20:17 Uhr)
    lieber dohf als ein comicfilosohf

  23. #123
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    Zitat Zitat von SvenT Beitrag anzeigen
    (...) Nach der Diskussion Charlier vs. Greg, wie wäre es mit einer Charlier vs. Van Hamme-Debatte?
    Na, denn mach ich mal den Anfang. Ganz unfaktisch, rein wertend :
    van Hamme find ich hoffnungslos überbewertet. Ich mag Diva. Aber:

    Für XIII hat er schamloser 'geklaut' als Charlier beim Silberstern. Und hat die Serie totgeritten, weil er den Erfolg ausnutzen wollte und so verpasst hat, die Serie zu nem runden und stimmigen Ende zu bringen.
    Largo Winch beeindruckt -mich zumindest- eigentlich nur aufgrund der Zeichnungen. Inhaltlich ist das zuweilen schon jenseits der Grenze zum Ärgernis.
    Hopfen und Malz war okay.
    Thorgal hab ich noch immer nicht gelesen. Da bin ich noch am komplettieren, ums dann mal 'am Stück' zu lesen.
    Tony Stark war ganz nett, aber auch nicht herausragend.
    Wayne Shelton und Lady S. hab ich auch noch nicht gelesen, bzw. nur bruchstückhaft. Zu bruchstückhaft, um n Urteil zu fällen.
    Western und Epoxy erinnere ich nicht mehr gut genug, hat mich also auch nicht wirklich nachhaltig beeindruckt, sonst würd ich mich erinnern.

    Was vergessen?
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  24. #124
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    Zitat Zitat von zaktuell Beitrag anzeigen
    (...) Was vergessen?
    *recherchier* Oh ja:

    Bluthochzeit: Enttäuschend.
    Schninkel: Ein Meisterwerk.
    Verbotenes Glück: Belanglos.
    Abenteuer ohne Helden: Entstehungszeit berücksichtigend ganz okay, aber die späte Fortsetzung hätts auch nicht mehr gebraucht.
    Der Joker: Entstehungszeit berücksichtigend: Lächerlich.

    Blake & Mortimer: Hab ich (noch) nicht gelesen.
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  25. #125
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    ...wobei ich beim Schninkel einschränkend sagen muss: Fantasy ist nicht mein Genre, da hab ich wenig bis gar kein 'Vorwissen'. Würd ich mich da gut auskennen, fänd ich Schninkel vielleicht auch nicht so meisterlich, weil dann möglicherweise auch da der Effekt 'Alles-ähnlich-schon-mal-wo-gesehen/gelesen' eingetreten wäre.
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