Rezension von: Henning Kockerbeck

Jean-Charles Gaudin und Dimitri Armand erzählen eine klassische Fantasy-Geschichte: Jugendliche Helden geraten in Angelegenheiten, die eigentlich weit über ihre Köpfe gehen, und müssen sich bewähren. Dieses schon etwas abgedroschene Konzept frischen sie mit einigen netten Ideen auf. Ein Beispiel ist die Wirkung des Medallions, die ein interessantes Werkzeug im weiteren Verlauf der Serie zu werden verspricht. Ein anderes Beispiel sind die Brakyas. Diese fast an Aliens erinnernden Wesen brechen die ansonsten stark an High Fantasy orientierte Atmosphäre ein Stück weit, was "Angor" gut tut.

Die Zeichnungen transportieren die Geschichte gut und dürften auch dem verwöhnten Auge gefallen. Ob aber nun fast jeder weibliche Charakter großbusig, mit engen Kleidern und tiefem Dekoltee präsentiert werden muss, sei der Entscheidung des Lesers überlassen. Zur Beruhigung der weiblichen Leser: Auch für sie gibt es genügend muskulöse männliche Oberkörper zu sehen. Blut und Gewalt gibt es, wie in diesem Genre zu erwarten, eine ordentliche Portion. Aber es geht nicht über ein Maß hinaus, das man auch älteren Jugendichen zumuten können sollte.

Ein klares Manko ist jedoch, dass die Einführung in die Geschichte und die Vorbereitungen zur Flucht schlicht zu lange dauern. Talinn, Evrane und Lorky haben kaum ihr Dorf verlassen, da ist das Heft (ebenso das erste Album der Serie, dem es vom Umfang her entspricht) auch schon zu Ende. Hier verkauft sich "Angor" etwas unter Wert, denn das eigentlich Interessante und Spannende an der Geschichte ist ja die Reise, auf die sich die Drei machen. Und von der bekommt man hier schlicht zu wenig mit.

Gelegentlich blitzt richtig feiner Humor auf, etwa bei Evranes heimlichem Training, da sie als Mädchen eigentlich nicht kämpfen darf. Die junge Frau steht auf dem Feld und ficht mit einem Stock gegen imaginäre Feinde, die Zähne gefletscht, die Haare wehen - gefolgt von einem entsetzten "Ma [ Weiter geht es in der Rezension selbst... ]

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