Ich hol den thread mal wieder vor, da das Thema kürzlich im "Kaufverhalten"-thread angesprochen worden ist.
Ich lese gerade zum wiederholten mal "The League of Extraordinary Gentlemen", momentan den überragenden zweiten Teil. League 1 und 2 sind ja auf den ersten Blick sehr filmisch, mit comichaft nachvollzogenen Kamerafahrten und natürlich ohne jegliche Zwischentexte. Auch von der Handlung her hat Alan Moore hier sehr "filmische" Skripten abgeliefert, die schon vom zeitlichen Ablauf her sehr gut ins 2-Stunden-Raster passen würden.
Die Dramaturgie ist ebenfalls filmisch. In League 1 kommt es beispielsweise zu einer vermeintlichen Zwischenauflösung nach zwei Dritteln der Geschichte, bevor die tatsächliche Agenda der Hintermänner deutlich wird, was wiederum zum (natürlich spektakulären) Showdown führt. Es gibt reichlich Filme die mit diesen Twists bzw. Eskalationen nach zwei Dritteln arbeiten.
Spontan fällt mir ein:
Alien: Ripley erfährt zur Mitte des Films die eigentlichen Gründe, warum das Alien an Bord gekommen ist.
Rambo 2: John hätte zur Mitte des Films problemlos mit den Hubschraubern heimfliegen können, aber dann zeigen die Auftraggeber ihre hässliche Fratze.
Conan: Conan hat das magische Horn endlich gefunden und erfährt, dass er die ganze Zeit nur benutzt worden ist.
Alle diese Filme sind typische Genre-Filme mit einer sehr einfachen, schematischen, aber nicht dummen Handlung. League reiht sich hier problemlos ein.
League 2, meiner Meinung nach einer der besten Moore-Comics überhaupt, ist ebenfalls voll mit bekannten Motiven, die teilweise gar nicht mal groß abgewandelt wurden. Der Verrat von Griffin, dem Unsichtbaren, an seiner Gruppe und seine anschließende Attacke aus dem Hinterhalt auf Mina ist nur eine leichte Variation des Verhaltens von Ash, dem Roboter, im Film Alien (schon wieder).
Seltsam, dass gerade die filmischsten Comics am schwierigsten dann tatsächlich zu verfilmen sind. Aber filmisch ist League natürlich nur an der Oberfläche. In den wenigen LEague-Heften, die ich bisher kenne steckt ungefähr so viel Plot und Psychologie wie in mancher Vertigo-Serie, die 60 Hefte und mehr benötigt. Und das bei großzügig gestalteten Seiten, die kaum mehr als einen Kamera-Zoom zeigen. Erstaunlich was Moore und wohl zu nicht unerheblichem Anteil auch Kevin O'Neill da gezaubert haben.
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