Online oder offline einkaufen - Vor- und Nachteile

[eis]

Kurze Anmerkung: Dieser Thread entstand aus der Diskussion hier und wurde in einen eigenen Thread ausgegliedert. - scribble

Wobei - bei aller Polemik - dann doch ein wahrer Kern in diesem zu recht kritisiertem Pamphlet steckt: die aussterbende Comicgemeinde. Die Situation bei Comic-Treffen ist die der Chöre vor 10 Jahren - es fehlt der Nachwuchs. Der trifft sich (noch) auf eigenen Veranstaltungen, aber diese Generation hat eine marktvernichtende Erfahrung; nämlich, dass sich fast alles für Lau aus dem Internet beziehen lässt. Legal oder nicht ist leider kein Kriterium. Was die kleinen Verlage am leben erhält, die aufwendigen Luxusausgaben werden im Mangabereich nicht funktionieren. Ein Symptom können die vielen Anime-Vertriebe in Konkurs sein. Ich sehe auch das fehlende Gespür für Qualität im Allgemeinen - hier das immer weiter sinkende Niveau der Nachmittags-TV-Produktionen und die verbreitete Akzeptanz an blechern schreiender Musik aus winzigen Handy-Lautsprechern. Ich alter Sack kann ein Orchesterwerk in zu Tode gepackter und mit Kompressoren auf markttaugliche Lautstärke veränderter "Qualität" vom Original unterscheiden - meiner Tochter muss ich den Unterschied zeigen.

[Bernd Glasstetter]

Ach komm, das ist jetzt aber auch zu schwarz gesehen. Wir reden ja hier von Comics und nicht von Animes, das ist der eine Punkt. Dass dort die illegalen Wege eine Rolle spielen, dürfte unbestritten sein, auch wenn aktuelle Studien bei der Musikindustrie ihre Probleme dabei haben die Effekte wissenschaftlich nachzuweisen.

Comics sind noch immer ein Produkt, das man gerne physikalisch vor sich hat. Ich sehe das gerade bei den Rezensionen, die wir für den Gratis Comic Tag erstellen. Wir haben PDFs der Hefte bekommen, aber es macht lange nicht so viel Spaß die zu lesen. Da wird die illegale Verbreitung als Download auch weiterhin keine so große Bedeutung haben, auch wenn freilich das Lesen auf Geräten wie dem iPad einfacher wird. Aber diese Geräte haben noch lange nicht die Verbreitung, dass das im Moment einen Effekt ausmachen könnte. Und zum Beispiel in den USA ist man ja schon auf dem Sprung legale Downloadangebote anzubieten, in Deutschland ebenfalls. Und die sind - denke ich - der beste Weg, um der illegalen Onlineverbreitung Einhalt zu gebieten. Das war ein Fehler, den die Musikindustrie gemacht hat und über Jahre nicht wett gemacht hat.

Bei der Veralterung kann ich Dir nicht zustimmen. Ich habe mich inzwischen mit etlichen Händlern unterhalten, die sehen, dass Mangaleser in der Zwischenzeit auch den Sprung zu den Frankobelgiern schaffen. Die Mangaleser werden eben auch älter und suchen nach anspruchsvolleren Geschichten. Das ist ein nicht gerade irrsinnig schneller Prozess, aber er ist vorhanden.

Ich persönlich denke, dass es auch und gerade die Aufgabe der Fachhändler ist ihr Publikum an neue Dinge heranzuführen. Dir gefällt Manga XYZ? Dann könnte Dir auch dieses Album ZYX gefallen. Das ist es ja, was deren Stärke ausmacht: Sie können beraten. Und deswegen ist es so wichtig, dass es diese Fachhändler gibt, deswegen werden sie hier unterstützt.

[eis]

Ich freue mich, wenn ich in diesem Punkt so falsch liege.

[Schwarze Katze]

Comics sind noch immer ein Produkt, das man gerne physikalisch vor sich hat. Ich sehe das gerade bei den Rezensionen, die wir für den Gratis Comic Tag erstellen. Wir haben PDFs der Hefte bekommen, aber es macht lange nicht so viel Spaß die zu lesen.

Ich wäre mir nicht sicher, dass das für nachfolgende Generationen auch gilt. Die lernen jetzt schon, DInge vornehmlich am Bildschirm zu betrachten und könnten dadurch vollkommen andere Konsumvorlieben entwickeln.

Ich persönlich denke, dass es auch und gerade die Aufgabe der Fachhändler ist ihr Publikum an neue Dinge heranzuführen. Dir gefällt Manga XYZ? Dann könnte Dir auch dieses Album ZYX gefallen. Das ist es ja, was deren Stärke ausmacht: Sie können beraten. Und deswegen ist es so wichtig, dass es diese Fachhändler gibt, deswegen werden sie hier unterstützt.

Auch hier möchte ich teils widersprechen, denn ich selbst habe im Buchbereich beispielsweise mittlerweile ganz andere Vorlieben. Empfehlungen bekomme ich aus dem Internet, von Bekannten, aus Zeitschriften und von Amazon. Aber bestimmt nicht vom Buchhändler, der sowieso schon zu hat, wenn ich meine Einkäufe erledige. Und ich bin da nicht allein. Um mich in einen Buchladen zu locken, muss man schon einiges bieten, was viele Buchhandelsketten - die den Markt anscheinend dominieren - nicht mehr tun. Da gibt es größtenteils nur noch Verkäufer, keine Buchliebhaber.
Im Comicbereich mag das noch anders aussehen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass zumindest das Kaufverhalten sich ändert. (Wer Comics nicht mag, wird hoffentlich nicht in einem Comicladen anfangen.) Weg von den Läden, hin zur Onlinebestellung. Leider ist es auch bei mir schon eine Weile her, dass ich in einem Comicladen war. (Ich glaube, das letzte Jahr war Mitte 2009 als ich mich mal in den Bonner Comicladen geschlichen habe.) Vielleicht ändert sich das jetzt wieder. Ich werde im Mai definitiv einen der beiden Kieler Läden testen, aber sicher bin ich mir nicht.

[Susumu]

Aber bestimmt nicht vom Buchhändler, der sowieso schon zu hat, wenn ich meine Einkäufe erledige.

Und wenn das Päckchen ein wenig zu groß für den Briefkasten ist musst du dafür aufs Postamt laufen, das in der Regel auch keine günstigeren Öffnungszeiten als ein Laden vor Ort hat. Oder liefert bei dir der Postbote zu einer Zeit aus, zu der du noch zuhause bist?

Ich weiß nicht, ich denke diese "Ich kauf online, weil das kann ich ja 24 Stunden am Tag"-Einstellung hat schon auch ein wenig mit Selbsttäuschung zu tun. Die Realität sieht anders aus. (Ganz was anderes bei Leuten, die in Kleinnestingen wohnen und keine andere Möglichkeit haben, eh klar.) Und eine Shopingtour am Wochenende, bei der ich in die Bände mal reinblättern kann, halte ich für wesentlich gemütlicher und erbaulicher als sich bei Amazon & Co. durchzuklicken (nicht, dass ich zu wenig technikaffin wäre um damit zurecht zu kommen) und dann was, was mir doch nicht zusagt oder einen Produktionsfehler hat womöglich gar wieder zurückzuschicken.

[Lola65]

dafür gibt es doch jetzt die Packstationen, damit man 24 stunden am Tag seine Pakete abholen kann. (Das damit wie bei Onlinebanking Arbeitsplätze verschwinden (können) interessiert dabei niemanden

[Susumu]

OK, möglich. Damit habe ich keine Erfahrung. Bleibt aber dennoch, dass ich einen Einkauf in einem Rutsch etwa am Samstag praktischer finde, als erst zu bestellen, dann zur Packstation zu laufen und dann, etwa wegen eines Farbdruckfehlers erstmal online ein Formular ausfüllen zu müssen, das Album wieder verpacken und damit erneut zur Packstation zu laufen. (Nehmen die auch Pakete an, oder muß man dafür dann doch zum Postschalter?) Und wie sieht's mit der Infrastruktur aus? Gibt's Packstationen bei jedem Postamt, oder muss man dafür in der Regel vielleicht doch einen weiteren Weg auf sich nehmen?

Beim Laden vor Ort nehme ich, wenn ich den Fehler erst zuhause merke, den Band einfach mit, wenn ich mal sowieso wieder hinschauen wollte und kläre das mündlich in wenigen Sekunden vor Ort.

Und natürlich ist die Inspektionsmöglichkeit beim lokalen Händler von vorne herein besser, sowohl was Fehlproduktion, als auch (wesentlich häufiger schlagend) was inhaltliche Belange betrifft.

[Schwarze Katze]

dafür gibt es doch jetzt die Packstationen, damit man 24 stunden am Tag seine Pakete abholen kann. (Das damit wie bei Onlinebanking Arbeitsplätze verschwinden (können) interessiert dabei niemanden

Si. Genau die nutze ich. Nach der Arbeit fahre ich dort vorbei und hole die angekündigte Sendung ab. Generell gibt unser Postbote auch bei den Nachbarn ab, aber auch die Dauer wollte ich ihnen das nicht zumuten.

Möchte ich etwas zurückschicken, kommt's auch wieder in die Packstation oder ich nehme es zum nächsten Samstagseinkauf mit und bringe es zum Schalter. Kommt allerdings seltener vor.
Das Praktische: Ich kann an jede Packstation in ganz D-Land schicken lassen. Die findet man häufig in der Nähe von Supermärkten oder Bahnhöfen. Wenn ich also mal wieder wochenlang in Gummistiefelland unterwegs bin, kann ich die Stationen dort nutzen.

Ich weiß nicht, ich denke diese "Ich kauf online, weil das kann ich ja 24 Stunden am Tag"-Einstellung hat schon auch ein wenig mit Selbsttäuschung zu tun. Die Realität sieht anders aus.

Wahrscheinlich sehen deine und meine Realität einfach anders aus.
Das samstägliche Einkaufen ist bei mir pure Notwendigkeit, seltener Erholung und Spaß. Wenn's geht, kaufe ich an den langen Donnerstagen ein (Lebensmittel). Zwischen 21 und 22 Uhr ist im örtlichen Großmarkt wesentlich weniger los. Die Quote der Anzugträger ist aber erstaunlich hoch.

Auch ein Faktor: Ich möchte meine Ware in der Regel gleich mitnehmen. Zumindest in Buchhandlungen sind die Sachen, die ich meist möchte, nicht immer vorrätig. Bevor ich dann nochmal hinfahre, bestelle ich lieber gleich online.

Das ist meine Realität und gilt natürlich nicht für alle. Den Anspruch möchte ich gar nicht erheben. Es ist aber ein Ansatz, den man auch berücksichtigen sollte und dem man entgegenwirken sollte. Wenn mir der Ladenbesuch Mehrwert gegenüber der Onlinebestellung bringt, opfere ich auch gern die Zeit und fahre dort hin. Deshalb finde ich Aktionen wie den Gratis-Comic-Tag (womit wir wieder beim Thema sind) auch gut und unterstützenswert.

[Lola65]

'Du könntest z.b. in Deiner Buchhandlung bestellen und dann abholen, wenn Du in der Nähe bist.

[Schwarze Katze]

Ja, könnte ich. Das heißt dann aber, dass im Extremfall 2 Wochen zwischen "möchte ich haben" und "endlich da" liegen. (Sonntag eingefallen, Donnerstag/Samstag bestellt, wieder Donnerstag/Samstag abholen.) Telefonisch bestellen wäre natürlich eine Option, das verkürzt dann auf etwa eine Woche. Wäre eine Option, wenn ich einen netten kleinen Buchladen mit Service finde. Die Ketten mit ihrem unfreundlichen, nicht auskunftsfähigen Personal, die sich in der Nähe meiner üblicherweise frequentierten Orte befinden, sind mir das ehrlich nicht wert.

Wie gesagt, im Comicbereich könnte sich das ändern. Wenn der Laden gut ist, fahre ich gern mal hin. Bin ich mal in Berlin, nehme ich es ja auch auf mich, in "meinen" Läden vorbeizuschauen.

[Mick Baxter]

Wobei - bei aller Polemik - dann doch ein wahrer Kern in diesem zu recht kritisiertem Pamphlet steckt: die aussterbende Comicgemeinde.

Das aber auch nur bezogen auf bestimmte Comics. Manga sind auch Comics, und nächstes Jahr wird es auch Manga berim GCT geben.

[eis]

Auch im Bereich sehe ich die Situation problematisch. Ich habe das Gefühl, dass auf den Manga und Anime Cons bei den Bring & Buy Tischen das Angebot an Mangas gleich bleibt, und das obwohl das Angebot der Verlage seit Jahren nicht mehr wächst bzw. zurückgeht und die Preise (B&B) runter gehen. Das Interesse an Mangas scheint noch recht hoch zu sein, die Verlagskommentare von "Da machen wir unsere Gewinne" änderten sich zu "Stagnation auf hohem Niveau" und werden in Zukunft nicht positiver werden.

Comics am Computer werden durch Tablets und Co. eine gute Alternative. In diesem Punkt sehe ich Bernds Positivismus als leider unbegründet, da sich eine Unmenge an Comicmaterial illegal aber ganz leicht erhältlich im Netz befindet - von den legalen Angebote mal abgesehen.

Aber gerade das macht ja eine große Aktion wie den GCT so sinnvoll. Der Comic muss raus aus der Nische und als billiges Massenprodukt auf den Couchtisch, als edel produziertes Sammelstück ins Regal der Liebhaber und als gute geschrieben/gezeichnete Unterhaltung in die Hände der Leser.

[wimbern]

Wäre eine Option, wenn ich einen netten kleinen Buchladen mit Service finde.

Sorry, reichlich spät, aber trotzdem: auch und gerade kleine Buchläden haben das Problem erkannt und bieten häufig ihren Grossisten als Internetportal an. Schau doch mal bei KNO oder Libris, oder frag den Händler deines Vertrauens. Beim Grossisten bestellt, liegen die Sachen dann in deiner Buchhandlung zur Abholung bereit. Das funktioniert nicht schlechter als beim telebuch.de-Einverleiber und hilft, die Einkaufsstrasse um die Ecke nicht aussterben zu lassen...