Weniger Comic-Besprechungen in der Presse?

[Peter L. Opmann]

Hattet Ihr in letzter Zeit auch das Gefühl, daß man nicht mehr so viel über Comics in der Presse findet?

Ich habe mich gerade mit einem Kollegen (freier Journalist) unterhalten, der häufiger Comic-Rezensionen für Tageszeitungen schreibt. Er sagte mir, man merke deutlich, daß in den Redaktionen gespart wird. Es schreiben mehr die festangestellten Redakteure und weniger die Freien - es sind aber eindeutig mehr die Freien, die sich auch der Besprechung von Comics widmen. Er hat zwar vor kurzem eine neue Zeitung gefunden, die Comic-Besprechungen abnimmt, aber die zahle deutlich schlechtere Honorare als die Zeitung, für die er bisher hauptsächlich tätig war (Zeitungstitel lasse ich mal bewußt beiseite).

Ich selbst merke vom Sparzwang der Redaktionen noch nicht so viel, muß aber dazu sagen, daß ich noch kaum je die Möglichkeit hatte, Comic-Rezensionen gegen Honorar zu schreiben.

[L.N. Muhr]

das ist eigentlich ein threadthema für sich. der kollege hat allerdings grundlegend recht.

angemerkt sei allerdings, dass in diesem thread längst nicht alle comictexte auftauchen. das mag das gesamtbild doch ein stück weit verzerren.

[Mick Baxter]

Grundsätzlich wird wohl mehr über Comic geschrieben. Er findet auch immer wieder Eingang in knappe Ressourcen wie Videotext (täglich 10 Kultur-Meldungen). Dann muß es aber was Spektakuläres wie das neue Hergé-Museum sein.
Soweit ich das beobachte (und ich schaue regelmäßig die News-Treffer zu "Comic" bei Google durch), finden sich sowieso selten Rezensionen dabei. Die größten Chancen haben Berichte mit lokalem Bezug.

[Dirk Rehm]

Ja, es gibt im Zuge der fehlenden Anzeigenkunden offensichtlich bei vielen Zeitungen die Anweisung zu sparen und das fällt auf die freien Autoren zurück. Mittelfristig kann das gerade für Kleinverlage (nicht nur im Comic-Bereich) zu einem Problem werden, weil das Feuilleton bislang eine der wenigen Möglichkeiten ist, eine Öffentlichkeit zu erreichen und zu interessieren, die über die spezialisierte Leserschaft hinausgeht.

Zum Thema gab es unlängst einen Bericht von Jörg Sundermeier (Verbrecher Verlag) in der "taz": http://www.taz.de/1/leben/buch/artik...us-sortimente/

[Peter L. Opmann]

Ich bin zunächst nur von der Beobachtung ausgegangen, daß hier in letzter Zeit weniger Comic-Rezensionen dokumentiert werden. Daß hier nicht alles auftaucht, was irgendwo erscheint, ist mir schon klar. Deshalb hätte es ja Zufall sein können.

Wenn es dann darum geht, welche Auswirkungen weniger Rezensionen auf die Comic-Verlage haben, sollten wir vielleicht wirklich einen neuen Thread aufmachen. Aber erst mal sehen, ob sich hier außer Dirk Rehm noch andere Betroffene dazu äußern.

[Lola65]

bitte ein eigenes Thema dazu Peter

[Peter L. Opmann]

Ich habe nichts dagegen, aber kann ich das auch einem Admin überlassen? Ich bin nicht ganz sicher, wohin der Thread gehören würde (Common Interest?), außerdem kann ich glaube ich die bisherigen Beiträge nicht verschieben.

[LeGuy]

So, ich habe das Thema jetzt ausgegliedert in einen eigenen Thread. Ich habe ihn erstmal hier im Comicgate-Forum belassen, vielleicht passt er aber wirklich besser ins Common Interest...

[Lola65]

das ist eigentlich ein threadthema für sich. der kollege hat allerdings grundlegend recht.

angemerkt sei allerdings, dass in diesem thread längst nicht alle comictexte auftauchen. das mag das gesamtbild doch ein stück weit verzerren.

wenn ich nur die Einträge hier zum Maßstab nehme, wird gefühlsmäßig recht viel Comics berichtet.

z.B. WAZ, FR, Süddeutsche, FAZ berichten ziemlich oft über Comics, wie ich finde.

[Dirk Rehm]

Thomas von Steinaecker in einem Kommentar zu einem Beitrag auf www.graphic-novel.info:

Ich kann euch beruhigen: Ich schreibe weiterhin Comicrezensionen für die SZ und auch, wie bisher, für “Volltext”. Allerdings, und das ist ein Effekt der “Krise”, nicht mehr so regelmäßig. TvS

Dieser Tage wird mehr über Comics auf den Seiten des "Tagesspiegels" oder eben auch auf www.titel-magazin.de veröffentlicht als in den Feuilletons der Zeitungen. Auch Andreas Platthaus schreibt in der Tat erfreulich häufig neue Texte für seinen Blog.

Letztlich ist meine Befürchtung aber, dass in den Redaktionen vor allem der überregionalen Zeitungen argumentiert wird, dass doch ein Comic-Thema im Internet-Auftritt der Zeitung gut aufgehoben ist und daher Veröffentlichungen in den Printausgaben immer seltener werden (außerdem wird für eine Veröffentlichung im Netz häufig wenig bis gar nichts bezahlt). Das Problem dabei ist, dass mit den Artikeln auf den Spezialseiten im Netz folgerichtig in der Hauptsache Spezialisten angesprochen werden und Neuleser so kaum noch zu gewinnen sind.

[L.N. Muhr]

wenn ich nur die Einträge hier zum Maßstab nehme, wird gefühlsmäßig recht viel Comics berichtet.

z.B. WAZ, FR, Süddeutsche, FAZ berichten ziemlich oft über Comics, wie ich finde.

ja, aber - und darum ging es ja - seltener von freien.

die luft wird dünner. das kann ich auch aus meiner position heraus so sagen.

[Spong]

Ein Freund meinte, dass die ganzen frei geführten Rezi-Blogs und Homepages den Zeitungsredakteuren quasi die Leser wegnehmen. Die Leute informieren sich inzwischen wohl woanders als im Print.

[L.N. Muhr]

Ein Freund meinte, dass die ganzen frei geführten Rezi-Blogs und Homepages den Zeitungsredakteuren quasi die Leser wegnehmen. Die Leute informieren sich inzwischen wohl woanders als im Print.

nö. grade die deutsche comic-blogosphere ist doch eh letztlich armselig. das ist weder in verbreitung noch in qualität eine konkurrenz.

comictexte werden immer noch wie bekloppt gelesen, wenn sie an prominenter stelle und in qualitativ hochwertiger aufmachung stattfinden. solche texte dienen auch nicht zwingend jener art von information von lesern, wie sie deutschsprachige comic-HPs vorrangig bieten (also erscheinungstermin, inhaltsangabe etc.). sondern sie dienen wie jedes gute feuilleton auch ein stück weit der unterhaltung.

[Lola65]

da am Dienstag der Geburtstag von Donald Duck sein soll, hoffe ich mal auf viele Zeitungsberichte am Dienstag.

[Peter L. Opmann]

Ich könnte mir vorstellen, daß sich die Comic-Berichterstattung in Folge der Sparmaßnahmen wieder mehr auf die sehr populären Figuren konzentriert - wie etwa Donald Duck, Asterix, Superman oder auch die durchs TV bekannten Figuren.

Eine gute Entwicklung wäre das nicht, denn das ergibt ein Zerrbild von Comics.

[L.N. Muhr]

da am Dienstag der Geburtstag von Donald Duck sein soll, hoffe ich mal auf viele Zeitungsberichte am Dienstag.

und?

siehe peter. von mir noch die anmerkung: solche stories laufen natürlich über die nachrichtenagenturen und werden schon deshalb von vielen redaktionen publiziert, weil sie frei haus flattern. da hat man dann in allen tageszeitungen den selben text. das ist dann zwar auch comicberichterstattung, aber keine, die groß erwähnenswert ist. sowas hatten wir früher (= bis vor 8 - 10 jahren) auch. es ist aber nicht der standard der letzten drei bis vier jahre, als die comicberichterstattung nahezu überall deutlich ausgebaut wurde.

ps: "sein soll"? qué?

[Mick Baxter]

Er findet auch immer wieder Eingang in knappe Ressourcen wie Videotext (täglich 10 Kultur-Meldungen).

Zum 75. Geburttag von Donald Duck gibt es bei der ARD sieben Videotexttafeln (801–807).

[Peter L. Opmann]

Das wäre natürlich wieder eine eigene, wahrscheinlich schon diverse Male geführte Diskussion. Aber ich sehe das wie Stefan, daß für Comics Printartikel besonders wichtig sind. Nicht nur weil sie gern gelesen werden, sondern auch weil das - im Gegensatz zu elektronischen Medien - die immer noch fehlende Anerkennung im Kulturbetrieb bringt.

[L.N. Muhr]

nicht so sehr print-, als vielmehr exklusive, gerne auch mal außergewöhnliche artikel bzw. artikel zu randthemen. dann auch online, wie z.b. auf SPON. und das kann, will und wird dpa nicht leisten. sobald comicberichterstattung wieder abhängig wird von solchen zulieferern, wird die comicberichterstattung auf ein minimum zusammen schrumpfen.

(okay, dasss heutzutage immer noch lieber das hinterhupfdudeler tagblatt zitiert wird, auch auf den waschzetteln der verlage, als SPON, spricht natürlich gegen meine vermutung. aber ich halte das für kinderkrankheiten, bei denen verlage und teile der öffentlichen wahrnehmung der realität der leser hinterher hinken.)

ich hab das doch bei mir beobachtet: die SPON-comicberichterstattung (die ja in gewisser weise trendsetzend war für die comicberichterstattung im deutschen feuilleton) nährte sich lange zeit von außergewöhnlichen, boulevardesken, abseitigen, schrägen themen. und nicht vom abfeiern eines donald-duck-geburtstages (was wir natürlich auch taten und tun, aber eben als beigabe, nicht als hauptgeschäft).

[Dirk Rehm]

Stimmt. Und so wie Comics auf "Spiegel Online" präsentiert werden, nämlich zunächst auf der Startseite gleichwertig neben neuen Themen in Politik, Sport, Panorama etc. ist das online eine lobenswerte Ausnahme und macht auch viel mehr Sinn als bei Holtzbrinck, wo das Comicthema von vornherein auf der Unterseite einer Unterseite platziert wird (gehe zu tagesspiegel.de gehe zu kultur gehe zu comics). Da muss man schon sehr in der Tiefe suchen, wenn man fündig werden will. Und wer - außer denen, die es von vornherein wissen - macht das schon?

[Martin Jurgeit]

Ich bin zunächst nur von der Beobachtung ausgegangen, daß hier in letzter Zeit weniger Comic-Rezensionen dokumentiert werden. Daß hier nicht alles auftaucht, was irgendwo erscheint, ist mir schon klar. Deshalb hätte es ja Zufall sein können (...)

Ich glaube schon, dass das zu großen Teilen Zufall war. Bei mir selbst sehe ich das sehr gut. Im Mai war ich so zu mit Arbeit, dass ich kaum noch ins Comicforum kam - geschweige denn, dass ich großartig Beiträge in "Comics in der Presse" auflisten konnte. Mein Stapel mit entsprechenden Zeitungsausschnitte ist in diesen Wochen aber genauso weitergewachsen wie in Zeiten, wo ich mehr Luft hatte.
Außerdem hatte ich selbst als freier Comic-Fachjournalist so viel in den letzten Monaten zu tun wie nie zuvor. Und das betrifft nicht nur "übliche Verdächtige" wie FAZ oder "Tagesspiegel". Immer wieder überrascht bin ich, dass inzwischen selbst Designmagazine wie "novum" etc. Artikel von mir über Comics wollen. Und zudem biete ich aus Zeitnot fast nie etwas "aktiv" an, sondern werde praktisch ausschließlich direkt von den Publikationen "passiv" gebucht. Ich vermute mal, dass sonst noch viel mehr als diese zwei, drei Beiträge pro Monat drin wären - und das wäre so noch vor ein, zwei Jahren mit Comic-Themen (zumindest bei mir) undenkbar gewesen.

Stimmt. Und so wie Comics auf "Spiegel Online" präsentiert werden, nämlich zunächst auf der Startseite gleichwertig neben neuen Themen in Politik, Sport, Panorama etc. ist das online eine lobenswerte Ausnahme und macht auch viel mehr Sinn als bei Holtzbrinck, wo das Comicthema von vornherein auf der Unterseite einer Unterseite platziert wird (gehe zu tagesspiegel.de gehe zu kultur gehe zu comics) (...)

Das stimmt so bei tagesspiegel.de definitiv nicht! Auch dort läuft das im Prinzip nach dem gleichen Muster ab wie bei "Spiegel Online". Ich sehe das sehr gut bei meinen eigenen Artikeln, die auch immer zumindest auf der Kultur-Hauptseite zum Start auftauchen. Wie das bei der "absoluten" Startseite aussieht, habe ich ehrlich gesagt noch nie verfolgt. Ich vermute mal, dass das aber auf all diesen Portalen immer nur eine Frage von "Angebot und Nachfrage" ist. Wenn das Thema viele Klicks bringt, bleibt man schön weit "oben" und sonst verschwindet man halt schnell auf den Unterseiten.

[Dirk Rehm]

@Martin: Aber genau die "absolute" Startseite meine ich doch bei tagesspiegel.de bzw. "Spiegel Online", insofern erkenne ich keinen Widerspruch. "Normalerweise" geht man doch erstmal auf die Startseite, nicht gleich auf "special interest" (und auch "Kultur" ist schon "special interest").

[Martin Jurgeit]

@Dirk: Ich habe das jetzt heute Nachmittag bei meinem neuen Blog-Eintrag einmal genauer verfolgt. Dieser ist (zumindest bis jetzt) definitiv auch auf der "absoluten" Startseite zu finden, wie ich es vermutet hatte - also genau das gleiche formale Verfahren bei tagesspiegel.de wie bei Spiegel-Online.

[Dirk Rehm]

Ah, okay, dann nehme ich alles zurück. Mir ist da auf der Startseite noch nie ein Comic-Thema begegnet, aber vielleicht rücken die einfach schneller nach hinten oder ich muss öfter raufschauen...